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Muss vielleicht noch etwas üben: Die Humoristin Marie S'Infiltre.

Foto: Corbis via Getty Images

In Pencil-Skirt und Plateauschuhen eine Stufe zu erklimmen ist ein Kraftakt. Nachdem die erste Hürde aber genommen war, fügte sich die französische Satirikerin und Youtuberin Marie S’Infiltre gut auf dem Laufsteg von Chanel ein.

Bei der Prêt-à-porter-Show im Rahmen der Pariser Fashion Week, die die Frühjahrs- und Sommerkollektion 2020 des Pariser Hauses vorstellte, tauchte die 28-jährige Humoristin als ungebetener Gast auf.

Gutgekleidete Flitzerin

Die Securitys erkannten die gutgekleidete Flitzerin nicht sofort. Es brauchte erst die Adleraugen eines richtigen Supermodels. Die Aufgaben der Fashion-Polizei übernahm Gigi Hadid, die Marie S’Infiltre auf dem Catwalk begegnete und dort prompt erkannte: Die ist keine von uns. Sachte, aber bestimmt führte Hadid die modische Querschlägerin ab.

Es ist nicht die erste Aktion der gebürtigen Pariserin, die bürgerlich Marie Benoliel heißt. Unter ihrem Pseudonym betreibt sie einen Youtube-Account mit 230.000 Abonnenten, dessen Inhalte Videos von ähnlichen Interventionen umfassen. Marie S’Infiltre, also "Marie kommt rein", schmuggelt sich in Veranstaltungen, Milieus oder – wie man heute so schön sagt – Lebenswelten und bleibt dabei schwer einzuordnen: Humor trifft auf Aktivismus, ein fast gonzojournalistischer Zugang, der auf das Generieren von Klicks für den eigenen Account abzielt.

Kontroversen zwischen Aktivismus und Humor

Ihre Videos lösen besonders in Frankreich immer wieder Kontroversen aus. Mit Macron-Maske über dem Gesicht fragte sie die Gelbwesten bei einem ihrer Proteste: "Warum der Hass?". Eine Gay-Pride-Parade besuchte Benoliel in der Rolle eines Mitglieds der "Manif pour tous", einer Bewegung, die sich für die "traditionelle" Ehe zwischen Mann und Frau einsetzt.

Dass es sich dabei um Satire handelte, verstanden viele in der LGBTQ-Community nicht – oder lehnten Benoliels Aktion ab, auch wenn sie sie als Satire erkannten.

Benoliel studierte an der Elitehochschule Sciences Po, die auch die Ex-Staatspräsidenten Georges Pompidou und Nicolas Sarkozy besucht hatten. Später entschied sich die Infiltratorin, über deren Privatleben wenig bekannt ist, für die Comedy-Laufbahn. Mittlerweile tingelt sie mit ihren Programmen durch Frankreich.

Kritik am System zu äußern und dabei kräftig Werbung für den eigenen Youtube-Kanal zu machen schließt sich nicht mehr aus. Schlingensief’sche Methoden im Zeitalter der Influencer also. (Amira Ben Saoud, 2.10.19)