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Alberto Salazar muss sich erklären.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/ANDY LYONS

Doha – Eindeutige E-Mails an den Nike-Boss, verdächtige Experimente auf dem Gelände des Hauptquartiers – und Sportler als unwissende "Versuchstiere": In der Doping-Affäre um den inzwischen gesperrten Trainer-Guru Alberto Salazar und das umstrittene Nike Oregon Project (NOP) kommen immer mehr Details ans Licht. Und der Sportartikelgigant – Sponsor und Namensgeber des Teams – gerät verstärkt in den Fokus.

Wie das Wall Street Journal berichtete, reichen die Verstrickungen der Affäre angeblich bis in die höchsten Konzernkreise. Demnach seien höchste Nike-Vertreter inklusive Geschäftsführer Mark Parker von Salazar und dem ebenfalls gesperrten Arzt Jeffrey Brown per E-Mail über die Doping-Experimente informiert worden.

Versuche mit Testosteroncreme

Laut WSJ sei ein Versuch, ob der Gebrauch von Testosteroncreme zu einem positiven Dopingtest führe, auf dem Gelände des Nike-Hauptquartiers durchgeführt worden. In einer Mail, die dem WSJ vorliegt, soll Parker geantwortet haben: "Danke für das Update Jeff." Zudem habe er konkrete Nachfragen gestellt.

Nach der Vierjahres-Sperre hatte Nike am Dienstag mitgeteilt, Salazar bei dessen Einspruch zu unterstützen. In einer internen E-Mail, die der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, weist das Unternehmen alle Vorwürfe zurück. "Nike war niemals an Bemühungen beteiligt, Läufer systematisch zu dopen. Schon allein der Gedanke daran macht mich krank", schrieb Vorstandsboss Mark Parker an die Angestellten.

"Wake-up-Call" für Nike?

Bereits in der Vergangenheit hatte der Konzern aber mit Entscheidungen für Unverständnis gesorgt. So hielten die Offiziellen zunächst auch zum gefallen Radstar Lance Armstrong. Der Vertrag mit der 2016 wegen Dopings gesperrten Tennisspielerin Maria Scharapowa lief weiter. 2015 hatte Nike zudem den damals bereits zweimal wegen Dopings gesperrten Topsprinter Justin Gatlin unter Vertrag genommen.

"Ich hoffe, Nike sieht das jetzt als einen Wake-up-Call. Sie dürfen keine Ausreden mehr finden, sie müssen zugeben, dass Experimente an Sportlern in ihrem Namen und auf ihrem Gelände vorgenommen wurden und dass das einfach falsch war", sagte der oberste US-Dopingjäger Travis Tygart dem ZDF.

Der Chef der US-Anti-Doping-Behörde USADA betonte zudem, dass für ihn die Athleten des NOP "Versuchstiere" gewesen seien. "Sie haben die Sportler angelogen und ihre medizinischen Experimente im NOP an ihnen unternommen", betonte der 48-Jährige: "Sie müssen verstehen, die Athleten hatten wirklich keine Ahnung, was mit ihnen getrieben wurde, was ihnen gegeben wurde. Welche Dosierung, ob die Methoden verboten waren oder nicht, wussten sie gar nicht."

Die Ermittlungen, die am Dienstag zur vierjährigen Suspendierung Salazars geführt hatten, beziehen sich auf die Jahre 2010 bis 2014. (APA, 3.10.2019)