Das Pixel 4 XL in "Oh So Orange".

Foto: Google

Ein Smartphone, das bei seiner offiziellen Enthüllung noch wirklich überraschen kann: Das ist in den vergangenen Jahren kaum mehr einem Hersteller gelungen. Und doch gibt es auch hier graduelle Abstufungen. Googles kommendes Pixel 4 ist in dieser Hinsicht jedenfalls rekordverdächtig: Kaum ein Tag ist in den vergangenen Wochen vergangen, in denen nicht zumindest ein neues Detail zu dem kommenden Smartphone öffentlich wurde.

Aussehen

So sind alleine in den vergangenen Tagen offizielle Produkt-Renderings des Pixel 4 und Pixel 4 XL durchgesickert (oder gestreut worden, je nach Betrachtungsweise) – und zwar für alle Farbvarianten. Damit wird aber ohnehin nur bestätigt, was zuvor schon bekannt war: Beide Modelle wird es in schwarz, weiß und orange geben – oder wie sie Google nennen wird: "Just Black", "Clearly White" und "Oh So Orange". Die neue Dual-Kamera an der Rückseite ist unübersehbar, das selbe gilt für den relativ großen Rahmen oberhalb des Displays – und einen deutlich kleineren darunter.

Das Pixel 4 XL in der weißen Variante – angesichts der Kombination mit Schwarz auch gerne "Panda" genannt.
Foto: Google

Der große "Bezel" an der Oberseite hat in diesem Fall aber zumindest einen guten Grund: Hier sind nämlich zahlreiche neue Sensoren und Kameras untergebracht. Diese sollen vor allem für eine sichere Form der Gesichtserkennung genutzt werden – ähnlich zu Apples Face ID. Von deren Qualität ist Google dermaßen überzeugt, dass man auf einen Fingerabdruckscanner komplett verzichtet.

Radar

Doch noch ein weiterer Sensor ist oberhalb des Bildschirms angebracht, und dieser ist ein Alleinstellungsmerkmal für die neuen Pixels: Ein aus Googles "Project Soli" entsprungener Miniradar soll diverse Gesten über dem Gerät erlauben. Wie das funktioniert, ist ebenfalls kein Geheimnis mehr, hat man bei 9to5Google doch bereits die offiziellen Erklärvideos von Google aufgespürt. Über diese soll den Nutzern gezeigt werden, wie sie über Bewegungen oberhalb des Displays Anrufe stummschalten, Alarme "schlummern" lassen oder auch auf das nächste Lied bei der Musikwiedergabe wechseln können.

Wer sich fragt, ob so ein Radar nicht gewissen Regulierungen unterliegt: Doch, das tut er in vielen Ländern. Insofern wird das offiziell "Motion Sense" genannte Feature auch nicht in allen Ländern funktionieren. Die gute Nachricht: In der Liste der unterstützten Länder finden sich auch Österreich, Deutschland und Schweiz. Google beschränkt die Liedersteuerung dabei auch nicht auf eigene Apps, insgesamt 23 Medien-Apps sollen diese Gesten zum Start des Pixel 4 unterstützten – darunter selbst Apple Music und Spotify. Und noch ein "durchgesickertes" Detail: Google hat gemeinsam mit der Pokemon Company eine eigene App namens "Pokemon Wave Hello" entwickelt, mit der die Nutzer die neuen Luftgesten trainieren können.

Der neue Google Assistant

Ein weiteres Highlight des Pixel 4 soll eine neue Generation von Googles Assistant sein, den das Unternehmen auch genau so nennt: Also den "Neuen Google Assistant". Neben einem überarbeiteten User Interface soll dieser vor allem deutlich flotter als die bisherige Version sein. Möglich wird dies durch lokale Spracherkennung, im Rahmen der Google I/O hatte das Unternehmen dieses Feature schon einmal hergezeigt. Das hat auch einen anderen erfreulichen Nebeneffekt: Manche der Funktionen des Assistant – etwa zur Steuerung von Smartphone-Funktionen und Apps – sollen künftig komplett offline funktionieren.

Der neue Google Assistant bei der Arbeit.
Foto: Google / 9to5Google

Kamera

Vielgelobt wurde in den vergangenen Jahren die Kamera der Pixel-Reihe. Mittlerweile haben aber die anderen Hersteller gehörig aufgeholt, und in einigen Punkten Googles Smartphone sogar übertroffen. Wie gut das Pixel 4 hier mithalten kann, muss sich natürlich erst zeigen, klar ist aber, dass man nicht nur bei der Hardware sondern auch – und vor allem – bei der Software Verbesserungen vornehmen wird.

Doch der Reihe nach: Erstmals liefert Google bei seinen Smartphones eine Dual-Kamera aus, der zweite Sensor ist dabei als Telefoto ausgelegt, was einen verlustfreien Zweifach- und einen hybriden Achtfach-Zoom ermöglichen soll. Was hingegen fehlt, ist eine Weitwinkelkamera, wie sie mittlerweile die meisten anderen Top-Smartphones liefern. Ebenfalls bereits bekannt ist, dass der Sensor der Hauptkamera unverändert zum Pixel 3 bleiben soll. Das bedeutet allerdings keineswegs, dass es keine Verbesserungen an der Bildqualität geben wird. Der Kamerasensor spielt in modernen Smartphones für diese nämlich nur mehr eine untergeordnete Rolle, da gerade Google hier mithilfe von Computational Photography und der Kombination vieler Aufnahmen über die Jahre immer mehr herausgeholt haben. Auch ein schnellerer Prozessor macht in dieser Hinsicht einen Unterschied, da dadurch mehr Bilder verarbeitet werden können.

Testfotos

Soweit zumindest die Theorie, wie sich das dann in der Praxis auswirkt, muss sich natürlich erst zeigen. Doch auch in dieser Hinsicht kann 9to5Google zumindest schon eine Annäherung liefern, nämlich einige Fotos, die mit dem Pixel 4 aufgenommen und offenbar von Google zu Promotion-Zwecken genutzt werden sollen. Diese legen tatsächlich eine hervorragende Bildqualität beim neuen Google-Smartphone nahe, wobei natürlich zu beachten ist, dass diese Aufnahmen handverlesen sind. Trotzdem zeigen sich dabei einige spezifische Verbesserungen, wie etwa eine deutliche Qualitätssteigerung beim Night Mode. Interessant ist auch ein Foto, das einen Hund in schneller Bewegung zeigt – und zwar scharf, was mit einem Smartphone normalerweise kaum möglich ist. Bereits früher hieß es, dass das Pixel eine Art "Motion Modus" für besonders flotte Aufnahmen haben soll.

Eine Night-Sight-Aufnahme mit dem Pixel 4.
Foto: Google
Ein Action Shot mit dem Pixel 4.
Foto: Google

Auch erste Samples des neuen "Astrofotografie-Modus", mit dem der Sternenhimmel fotografiert werden kann, sind zu sehen. Außerdem demonstriert ein kurzes Video die neuen "Dual Exposure Camera Controls": Diese sollen es erlauben, Highlights und Schatten einer Aufnahme getrennt zu verändern, um etwa in strahlendem Sonnenlicht noch Aufnahmen tätigen zu können, bei denen die Details nicht verlorengehen.

Ein Beispiel für den neuen Astrofotografiemodus
Foto: Google

Apps

Ein Teil der Leaks geht darauf zurück, dass in Vietnam bereits einige Exemplare der neuen Google-Smartphones in Umlauf sind. Entsprechend sind auch schon einige neue Apps – oder App-Versionen – durchgesickert. So gibt es etwa eine neue Version des Pixel-Launchers, die endlich auch mittels Wischgeste nach unten am Home Screen den Benachrichtigungsbereich aufruft – wie es viele alternative Launcher schon jetzt können. Auch die neue Theming-App zur individuellen Anpassung des Looks ist bereits zu haben – samt all der Wallpapers für das Pixel 4. Ebenfalls neu ist die "Recorder"-App von Google, die Tonaufnahmen in Echtzeit transkribiert – und zwar alles komplett offline. Die entstandene Text-Datei kann dann parallel zum Audio-File gespeichert werden. Außerdem ist ein Feature in Entwicklung, das einen Autounfall erkennt, und dann automatisch den Notruf wählen kann.

Spezifikationen

Angesichts all dessen gerät die Hardware des Pixel 4 schon fast in den Hintergrund, und das ist Google wohl nicht ganz unrecht. Bietet hier doch manch andere Hersteller mehr, wie ein Blick auf die offizielle – und natürlich ebenfalls bereits erhältliche – Spezifikationsliste verrät. Während das Pixel 4 ein 5,7-Zoll-Display mit Full-HD+-Auflösung bietet, gibt es beim größeren XL-Modell einen 6,3-Zoll-Bildschirm mit Quad HD+. Beide eint das "Smooth Display" mit 90Hz, ähnlich wie man es bereits von OnePlus kennt. Zudem wird eine Funktion namens "Ambient EQ" ausgewiesen, die den Weißabgleich des Displays automatisch an die Umgebung anpassen soll. Das Ganze wird wohl ähnlich funktionieren wie Apples "True Tone".

Als Prozessor kommt ein Snapdragon 855 zum Einsatz, dem 6GB RAM zur Seite gestellt sind. Von Google selbst kommt wieder ein eigener KI-Chip, der dieses Mal Pixel Neural Core heißen soll. Der interne Speicherplatz soll je nach Modell bei 64 oder 128 GB liegen. Der Akku ist mit 2.800 bzw. 3.700 mAh angegeben, gerade beim kleineren Modell wirkt diese etwas wenig – vor allem angesichts des 90-Hz-Displays, das mehr Strom frisst. Und auch in Soundfragen gibt es ein kleines Downgrade: Es gibt zwar wieder Stereo-Lautsprecher, es sind aber nicht mehr beide frontseitig angebracht. Der untere musste dem kleineren Rand zu liebe neben den USB-C-Anschluss wandern.

Launch

Angesichts dessen bleibt eigentlich nur mehr eine Frage offen: Jene nach Preis und Verfügbarkeit. Diese Details soll es spätestens am 15. Oktober geben, wenn Google die neue Smartphone-Generation endgültig enthüllen wird. Parallel dazu wird das Unternehmen übrigens noch einige andere Hardwarevorstellungen vornehmen. Dabei war zuletzt unter anderem von neuen Kopfhörern – den Pixel Buds 2 – dem Chrome OS-Laptop Pixelbook Go sowie einem neuen Einsteigermodell für die smarten Lautsprecher des Unternehmens (Nest Mini) und Routern samt Google-Assistant-Integration (Nest Wifi) zu hören. (Andreas Proschofsky, 3.10.2019)