Die Andromedagalaxie, mit der Katalognummer M-31 hat es auch auf die Milchstraße abgesehen.
Foto: Nasa/Robert Gendler

Andromeda war in ihrer Vergangenheit eine reichlich gefräßige Sternenansammlung. Die große Schwester unserer Milchstraße liegt etwa 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt und bildet das gravitative Zentrum der sogenannten Lokalen Gruppe, also jenem Galaxienhaufen, dem neben der Milchstraße auch Dutzende Zwerggalaxien angehören. Sie ist darüber hinaus das fernste Objekt im All, das von der Erde aus noch mit freiem Auge zu beobachten ist.

Nun haben Astronomen die kannibalistische Vergangenheit unserer riesigen Nachbarin genauer unter die Lupe genommen und dabei festgestellt, dass sich Andromeda im Laufe ihres Lebens mehr "Artgenossen" einverleibt hat als bisher gedacht. In detektivischer Kleinarbeit konnte ein internationales Team um Geraint Lewis von der University of Sydney die Überreste zahlreicher Zwerggalaxien orten, die sich in Form von großen Sternenströmen über die gesamte rund 200.000 Lichtjahre durchmessende Scheibe der Spiralgalaxie verteilen.

Andromeda hat die Milchstraße im Visier

Als nächstes dürfte unsere eigene Galaxie auf dem Speisezettel von Andromeda stehen: "Die Milchstraße ist auf direktem Kollisionskurs mit Andromeda. In etwa vier Milliarden Jahren werden sie aufeinander treffen", sagt Dougal Mackey (Australian National University in Canberra), Koautor der nun im Fachjournal "Nature" erschienen Studie. "Zu wissen, welchem 'Monster' sich unsere Galaxie gegenüber sieht, hilft uns, das zukünftige Schicksal der Milchstraße zu rekonstruieren."

Kugelsternhaufen verraten viel über die gefräßige Vergangenheit der Andromedagalaxie.
Illustr.: Dougal Mackey, ANU

Die Anzeichen vergangener Mahlzeiten lassen sich vor allem anhand von Kugelsternhaufen entschlüsseln, die Andromeda umkreisen. "Die lichtschwachen Relikte im Inneren der Kugelsternhaufen erlauben uns, Rückschlüsse auf die ursprünglichen Zwerggalaxien zu ziehen, die sich Andromeda zu unterschiedlichen Zeiten einverleibt hat", meint Mackey. "Andromeda hat einen wesentlich größeren und komplexeren stellaren Halo als die Milchstraße. Das deutet darauf hin, dass sie weit mehr Galaxien verschlungen hat und wahrscheinlich auch größere."

Zwei große Fressattacken

Konkret identifizierten die Forscher zwei verschiedene Populationen von Kugelsternhaufen deren Rotationsebenen senkrecht zueinander stehen. Daraus würden sich zwei mehrere Milliarden Jahre auseinander liegende Epochen ergeben, in denen Andromeda besonders viele Galaxien verspeist hat. Die jüngere der beiden kannibalistischen Perioden liegt erst rund eine Milliarde Jahre zurück. In dieser Phase dürfte auch die Milchstraße erstmals mit Andromeda aneinandergeraten sein.

Diese neuen Daten werfen allerdings auch Fragen auf. So zeigte sich etwa, dass die Zwerggalaxien, die Andromeda im Verlauf ihrer beiden größeren Fressattacken verschlungen hat, aus völlig verschiedenen Richtungen kamen. "Das ist äußerst seltsam und lässt darauf schließen, dass dieses galaktische Futter aus dem Netz kosmischer Filamente stammt, Materie also, die als Vorläufer heutiger Großstrukturen des Universums gilt", sagt Mackey. (tberg, 5.10.2019)