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Manchmal liegt tatsächlich die Kraft in der Ruhe. Das neue Motto also: Hängematte statt Seminarsessel.

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Wann bin ich mir selbst endlich gut genug? Wann gebe ich mich mit dem zufrieden, was ich kann? Ein Masterstudium und zwei Ausbildungen, reicht das nicht? Reicht es nicht, drei Sprachen zu sprechen? Musste der Spanisch-Anfängerkurs am Mittwochabend wirklich sein? Und der Fotografiekurs? Aber wie gelingt es andererseits, das Stehenbleiben auszuhalten? Sollte ich vielleicht wieder anfangen zu meditieren? Möglicherweise würde ein Kurs helfen. Oh nein, nicht noch ein Kurs.

Dieser Text ist im Magazin Der Standard Karriere am 10.10.2019 erschienen. Erhältlich ist das Magazin hier.

Wieso können wir so schwer akzeptieren, Durchschnitt zu sein? Warum streben wir ständig danach, besser zu werden, mehr zu können? Weil es uns so vorgegeben wird? Weil uns ständig gezeigt wird, was wir nicht alles werden können: gescheiter, produktiver, schöner, selbstbewusster, empathischer, durchsetzungsfähiger, besser im Neinsagen, eine bessere Köchin und ein kreativerer Geist? Oder weil wir uns von den zahllosen Optionen treiben lassen, wie es der britische Arbeitspsychologe Tony Crabbe formuliert? Oder vielmehr, weil Menschen einfach Ziele im Leben brauchen?

Aber wäre es nicht auch ein Ziel, glücklich mit dem Status quo zu sein? Das Gelernte sickern zu lassen? Das, was man bereits kann, wertzuschätzen?

Keine neuen Baustellen

Irgendwo hat jeder immer hundert Baustellen im Leben, der Großteil ist selbstgewählt. Vielleicht wäre es ja auch einmal legitim, die Füße hochzulegen, wenn man den Uni-Abschluss in der Tasche hat, den Lieblingssport einigermaßen beherrscht und das Instrument auf Amateurniveau spielt. Und sich zu denken: Dieses Jahr keine neuen Baustellen! Ich will nicht mein eigenes Großprojekt sein! Und mal ganz ehrlich: Es muss doch wirklich nicht immer alles sein oder zumindest nicht alles auf einmal. Denn die Gefahr ist, dass gar nichts mehr hängen- und der Spaß auf der Strecke bleibt, wenn man nicht sogar ins Burnout schlittert.

In manchen Phasen liegt tatsächlich die Kraft in der Ruhe. Ich nehme mir also vor, mir selbst zu genügen. Der erste Schritt: Anstatt zu meinem Spanisch-Kurs zu gehen, mache ich es mir heute auf dem Sofa gemütlich – die Füße hochgelegt. (Plädoyer: Lisa Breit, 17.12.2019)