Die Tigerstreifenzone im Süden von Enceladus – hier unten im Bild – zeichnet sich durch Kryovulkanismus aus und lieferte erste Hinweise auf flüssiges Wasser unter dem Eis.
Foto: Nasa

Enceladus gilt als einer der vielversprechendsten Kandidaten für Leben im Sonnensystem jenseits der Erde. In den vergangenen Jahren mehrten sich stichhaltige Hinweise darauf, dass unter der kilometerdicken Eiskruste des Saturnmondes ein Ozean aus flüssigem Wasser verborgen liegen könnte. Insbesondere eine kryovulkanisch aktive Zone rund um den Südpol von Enceladus, in der Wasser in Form von gefrorenem Dampf zutage tritt, gibt Anlass zur Hoffnung auf eine unterirdische Umgebung, in der Organismen gedeihen könnten.

Mehr noch: Jüngere Beobachtungen ergaben auch Belege für weitere für mögliches Leben notwendige Komponenten, darunter Mineralstoffe, organische Verbindungen und chemische Reaktionen, die Energie freisetzen. Nun sind Wissenschafter im umfangreichen Datenschatz der Cassini-Mission auf neue spannende Chemikalien gestoßen: Sie spürten organische Substanzen auf, die sogar als Grundbausteine von Aminosäuren dienen könnten.

Geysire in der Tigerstreifenzone

Nach allem, was man bisher über den rund 500 Kilometer durchmessenden Himmelskörper zu wissen glaubt, dürften tief unten am felsigen Grund von Enceladus hydrothermale Quellen sprudeln. Die Schlote transportieren wahrscheinlich Material aus dem Inneren des Mondes, das sich mit dem angenommenen Wasser vermischt. Dieses dringt an einigen Stellen in der sogenannten Tigerstreifenzone rund um den Südpol durch Spalten und Risse im Eispanzer an die Oberfläche, wo es in Form frostiger Fontänen, sogenannten Kryovulkanen, ausgestoßen wird.

Vieles deutet darauf hin, dass sich der hypothetische Ozean unter dem Eis von Enceladus über den gesamten Himmelskörper erstreckt.
Illustr.: NASA/JPL-Caltech

Die dabei freiwerdenden Eispartikel lagern sich zum Teil auf der Eiskruste ab, zum Teil werden sie ins All fortgeschleudert, wo sie unter anderem den sehr feinen E-Ring des Saturns bilden oder auf die Oberflächen anderer Saturnmonde gelangen. Als die vor zwei Jahren in den Ringplaneten gesteuerte Nasa-Sonde Cassini die Bahn von Enceladus kreuzte und sich dem Mond bis auf 25 Kilometer annäherte, gelang es mit zwei Instrumenten, dem Cosmic Dust Analyzer und dem Ion and Neutral Mass Spectrometer, Messungen der Eis-Geysire durchzuführen. Die gesammelten Daten hat sich ein Team um Nozair Khawaja von der Freien Universität Berlin nun noch einmal genauer angesehen.

Aminosäure-Bausteine

Dabei entdeckten die Forscher auf den Eispartikeln aus den Fontänen Stickstoff- und Sauerstoff-haltige Moleküle – chemische Verbindungen also, die auf der Erde bei der Entstehung von Aminosäuren eine essenzielle Rolle spielen. Diese wiederum gelten als Grundbausteine des irdischen Lebens. Die vermuteten hydrothermalen Quellen könnten dabei die Energie für entsprechende Reaktionen liefern, meinen die Forscher.

Die nun nachgewiesenen Moleküle dürften aus dem Inneren von Enceladus stammen, vermuten die Wissenschafter.
Illustr.: NASA/JPL-Caltech

"Wenn die richtigen Bedingungen zusammenkommen, könnten diese Moleküle aus dem Ozean unter Enceladus' Eis ähnliche Reaktionswege beschreiten wie wir sie von der Erde her kennen", sagt Khawaja. "Wir wissen zwar nicht, ob Aminosäuren für außerirdisches Leben notwendig sind, aber die Entdeckung dieser Moleküle, aus denen sich Aminosäuren formieren können, ist ein wichtiges Puzzlestück."

Wie lebensfreundlich ist der Eismond?

Die nun im Fachjournal "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" veröffentlichten Ergebnisse passen zu Resultaten, die Khawajas Team im Vorjahr präsentiert hat, wonach komplexe kohlenstoffreiche organische Moleküle in den Enceladus-Geysiren vorkommen. Auch von diesen Verbindungen nehmen die Forscher an, dass sie aus dem Wasserkörper unter der Eiskruste stammen. "Unsere Studie belegt, dass es im Ozean von Enceladus eine große Zahl reaktionsfreudiger Bausteine gibt. Das ist ein weiterer wichtiger Hinweis darauf, wie lebensfreundlich Enceladus tatsächlich ist." (tberg, 5.10.2019)