Bild nicht mehr verfügbar.

"Gemeinsam", stand auf den roten Taferln der SPÖ. Nach der Schlappe bei der Nationalratswahl hat sich dieser Appell parteiintern mancherorts ins Gegenteil gekehrt.

Foto: Picturedesk./ Georges Schneider

Ist der in der SPÖ nach der Wahlschlappe ausgebrochene interne Streit nur ein Sturm im Wasserglas, eine Wiener "Bubble-Debatte", oder steht die Partei tatsächlich vor einem größeren Umbruch? Vor einer innerparteilichen Revolte?

Zu einem "Flächenbrand" dürfte sich der Unmut über die Wahlniederlage und die zuletzt kritisierte Bestellung von Christian Deutsch zum Parteigeschäftsführer zwar nicht ausweiten, sehr wohl aber glimmen etliche heiße Glutnester in der Partei. "Die Sache ist am Abkühlen", glaubt die oberösterreichische Parteiobfrau Birgit Gerstorfer. Es sei "einfach Frust nach der Wahlniederlage abgeladen worden".

Auch der enge Vertraute von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner, Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser, sieht die Sache recht nüchtern. "Ist doch völlig klar, ein normaler Prozess, dass ein derartiges Wahlergebnis in einer Partei Unruhe auslöst. Aber das wird sich in Grenzen halten." Es sei "allen klar, dass jetzt nicht zur Tagesordnung übergangen werden kann". Noch in der ersten Oktoberhälfte werde das Parteipräsidium zu einer ganztägigen Klausur zusammenkommen, "um den notwendigen Reformprozess aufzusetzen". Zuvor treffen einander die Landesgeschäftsführer.

Schattenkabinett

Es werde in den internen Gesprächen auch darum gehen, wie die Sondierungsgespräche mit der ÖVP angelegt werden. Außerdem soll für den Fall der Opposition Vorsorge getroffen und ein Schattenkabinett der besten Köpfe gebildet werden. Die zuletzt ins Spiel gebrachte Vorsitzende der Sozialistischen Jugend (SJ), Julia Herr, sei natürlich "ein wichtiger Kopf für die Jugend", die in eine neue personelle Aufstellung einbezogen werden sollte, sagt Kaiser.

Dieser Meinung ist auch Gerstorfer: "Julia Herr ist eine gescheite junge Frau mit politischem Spürsinn. Und hohem Bekanntheitsgrad." Auch die Position als zweite Bundesgeschäftsführerin – diese Variante wurde in der SPÖ ventiliert – sei überlegenswert: "Das wäre nicht dumm, das würde das Spektrum erweitern, eine gute Kombination mit Deutsch. Zumal dieser als Vertreter der alten Parteistruktur einen jungen Gegenpol bekäme."

Gewichtige Stimmen für Herr

Wie Kaiser und Gerstorfer ist auch der ehemaligen Bundesgeschäftsführer Max Lercher der Ansicht, dass Herr aufgewertet werden sollte. Die Jungpolitikerin sei "eine talentierte, großartige junge Frau mit einem politischen Kopf, sie wäre in jedem Fall ein Signal an die Jugend", sagte Lercher in der "ZiB 2".

Zumindest in der Steiermark wird tatsächlich innerparteiliche Revolution geprobt. Dies allerdings vor dem Hintergrund der nahen Landtagswahl im November. Landesparteichef Michael Schickhofer hat als Konsequenz aus dem Wahldesaster alle Bundesfunktionen zurückgelegt – was ihm innerhalb der Landespartei gehörige Kritik einbrachte.

Steirische "Revolte"

Nun legte er aber noch eins drauf und verlangte "eine vollständige Erneuerung der Partei samt einem großen Sonderparteitag". Die Landesvorsitzende der Sozialistischen Jugend, Maja Höggerl, befeuert die "kleine Revolution" der Steirer – die vollständige Erneuerung sei "das Gebot der Stunde": "Wir sind gerade an einer Weggabelung: Wir können entweder so weitertun wie bisher und wie die SPD als Kleinpartei, die niemand mehr ernst nimmt, enden, oder wir können uns jetzt von Grund auf erneuern und uns umstellen und vielleicht den Sprung schaffen, dass wir so erfolgreich werden wie Labour oder die portugiesische Sozialdemokratie", sagte Höggerl dem ORF Steiermark.

Herr will die steirische Jung-SPÖlerin zwar aufgewertet, aber nicht in der Bundesgeschäftsführung sehen, sondern im Parlament. "Ich finde, Julia Herrs Platz wäre viel besser im Parlament – dort könnte sie viel besser unsere Interessen rüberbringen."

Parteichefin Rendi-Wagner möchte sich aktuell über die Unruhe in der SPÖ nicht konkret äußern, lässt nur mitteilen, dass "allen in der Partei" die Problemlage bewusst sei und folgerichtig auch Konsequenzen gezogen würden. (Walter Müller, 4.10.2019)