Während der Ball in der Bundesliga schon wieder seit einiger Zeit rollt, machen sich derzeit die österreichischen E-Sportler warm und bereiten sich mit "FIFA 20" auf den Start der E-Bundesliga vor. Vor nicht allzu langer Zeit wurde E-Sport noch von vielen als Kinderkram oder als nicht echter Sport bezeichnet. Inzwischen hat es sich zu einem Massenphänomen gemausert. Und auch die österreichischen Clubs mischen mit. 

Während das erste Videospiel-Turnier 1972 mit den Intergalactic Spacewar Olympics am Campus der Stanford University noch mit einem Jahres-Abonnement des Musikmagazins "Rolling Stone" als Hauptpreis lockte, geht es heutzutage um richtig viel Geld. Schaut man beispielsweise zum FIFA Interactive World Cup, kurz: FIWC, dann nehmen dort teilweise über zwei Millionen Spieler teil und kämpfen um ein Preisgeld von 200.000 US-Dollar und mehr. Da kann die E-Bundesliga natürlich nicht mithalten – Manuel Niedermayr, der Sieger der letzten Saison, durfte aber immerhin 5.000 Euro mit nach Hause nehmen.

E-Sport: Phänomen in Asien, Nische in Europa?

Die Professionalisierung des E-Sports ist in Österreich und Europa allgemein noch nicht ganz so stark wie in Asien ausgeprägt, wo Spiele regelmäßig live vor einem Millionenpublikum ausgetragen werden. Besonders China, Südkorea, aber auch Japan und Taiwan sind Hochburgen von E-Sport-Meisterschaften. Es gibt Millionengelder als Preise - aber auch Korruption, Doping und tragische Karriereknicke. Die Profi-Spieler müssen mit Verletzungen am Handgelenk, Drogenmissbrauch oder kaputten Rücken kämpfen.

Da kann man sich fragen, ob hierzulande eine derartige Professionalisierung überhaupt wünschenswert ist.

Y-Kollektiv

Die österreichischen Bundesliga-Vereine von Rapid Wien über Sturm Graz bis hin zu RB Salzburg haben das Potenzial erkannt und sind mittlerweile auch mit Spielern oder sogar kleinen Teams in diversen Wettbewerben vertreten.

Während laut IT-Branchenverband Bitkom in Deutschland lediglich etwa ein Drittel der Bundesbürger E-Sport überhaupt als Sport ansehen, gibt es in Österreich mit dem E-Sport-Verband Österreich (ESVOE) bereits seit 2007 einen nationalen Verband. In Deutschland zog man erst zehn Jahre später mit dem E-Sport-Bund Deutschland (ESBD) nach.

Die Bundesliga mischt mit

Nichtsdestotrotz befindet sich der Bundesliga-E-Sport hierzulande derzeit gewissermaßen noch in den Kinderschuhen. Hier ist man in Deutschland mit der virtuellen Bundesliga (VBL) schon einen Schritt weiter: Immer mehr Vereine leisten sich professionelle Spieler, der VfL Wolfsburg bereits seit 2015, der 1. FC Köln arbeitet mit der eSport-Organisation SK Gaming zusammen und der FC Schalke 04 ist seit 2016 mit Teams aufgestellt, die sich nicht nur rein mit Fußball-Games beschäftigen. Einzig die deutschen Vorzeigeclubs Borussia Dortmund und ausgerechnet der FC Bayern München mischen derzeit nicht mit: Bayern-Präsident Uli Hoeneß, der im November seinen Platz an der Spitze des Vereins frei macht, legte im letzten Jahr sein Veto gegen eine E-Sport-Abteilung ein. Videospiele würden weder zum Grundverständnis noch zur Tradition des Rekordmeisters passen, so Hoeneß damals.

Die E-Sport-Szene wächst und wächst.
Foto: AP Photo/Aaron Favila

Berlin als Vorbild

Dass es auch anders geht, zeigt indes die Hertha aus Berlin, die im letzten Jahr den Weg der Professionalisierung unbeirrt fortgesetzt und 2018 eine eigene E-Sport-Akademie gegründet hat. Das Ziel des Hauptstadtklubs ist es dabei, besondere "FIFA"-Spieler aus der Region zu fördern und auszubilden. Paul Keuter, Mitglied der Geschäftsleitung von Hertha BSC, sagt:

"Wir haben uns bewusst dafür entschieden, beim Einstieg in den eSport unseren individuellen und einzigartigen Hertha-Weg zu gehen. Hierbei werden wir unsere erfolgreiche Nachwuchsarbeit der Fußball-Akademie auf den eSport und die digitale Welt ausweiten. Unser Ziel ist es, vielversprechende Talente zu scouten und durch eine innovative und nachhaltige Nachwuchsförderung zu eSport-Profis von Hertha BSC zu entwickeln."

Kleiner Skandal: E-Sport-Team von YouPorn gesperrt

Auch die Pornoplattform YouPorn sponsort ein E-Sport-Team. Nach eigenen Aussagen auf der Website besteht es aus aktuell 25 Spielern, unter anderem aus den USA, Kanada, Griechenland, Frankreich, Vereinigtes Königreich und Russland. Man kümmere sich vor allem um Kampfspiele wie "Super Smash Bros Melee", "Mortal Kombat", "Street Fighter" und "CS:GO".

Berühmtheit erlangte das Team 2016 als die ESL das Team YP von einem Turnier ausschloss – mit Hinweis, dass Pornografie verboten sei.

Fazit: E-Sport - inzwischen gleichberechtigt oder immer noch belächelt?

Sportschau

Wohin der Weg des E-Sport noch führen wird, bleibt abzuwarten. Fest steht nur, dass der virtuelle Sport im Kommen ist und womöglich auch die österreichische Fußball-Szene ordentlich durcheinanderwirbeln wird.

Legt man einmal die aufkommende Professionalisierung und die wirtschaftliche Bedeutung des E-Sport (ein Umsatz von 700 Millionen US-Dollar 2017) beiseite, bleibt der E-Sport für viele Spieler eine Möglichkeit, Teams ihrer Träume zu vertreten.

Mag der Fußball an sich für einige unerreichbar sein, so ist der E-Sport dagegen für jeden greifbar und kann es schaffen ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen, um aus der Szene eine breite Bewegung zu machen. (Christian Allner, 23.10.2019)

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