für Nikolaus Bachler, künstlerischen Leiter der Osterfestspiele nach 2022

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Es hätte natürlich alles ganz anders kommen können – im österlichen Salzburg: Der aus München scheidende Intendant Nikolaus Bachler hätte das Theater an der Wien (mit Dirigent Teodor Currentzis) übernehmen können. Seine Ambitionen bezüglich der Osterfestspiele wären damit Geschichte gewesen. Und es hätte Christian Thielemann Chef der Berliner Philharmoniker werden können, wodurch sich bei den Osterfestspielen, denen er bis 2022 vorsteht, schon früher Nachfolgefragen gestellt hätten.

Es kam anders. In Berlin wurde Kirill Petrenko Chefdirigent, der Musikchef der bayerischen Staatsoper, an dessen Aufstieg Bachler maßgeblichen Anteil hatte, was Thielemann sicher nicht vergessen hat. Und da Stefan Herheim das Theater an der Wien zugesprochen wurde, sitzt Bachler ab 2000 tatsächlich als kaufmännischer Direktor neben einem auf ihn allergischen Thielemann, den Bachler ab 2022 auch noch als "Alleinherrscher" ablösen wird.

Die Rechtfertigung

Die Fakten: Thielemanns Vertrag (und jener der Staatskapelle Dresden) wurde nicht verlängert. Nach 2022 sind die Retter der Festspiele weg, die nach dem ruhmlosen Abgang der Berliner Philharmoniker eingesprungen waren. Diese Bachler-Entscheidung hätte Ruhe in die emotionalisierte Angelegenheit bringen sollen. Auf seiner Rechtfertigungstour neigt Bachler allerdings nun dazu, die Osterfestspiele unsouverän als dahinsiechenden Greis darzustellen, was die bisherigen Konflikte aufs Neue befeuert.

Konflikt um Reserven

Sein Vorwurf einer eher bescheidenen Auslastung und des "Verzehrs" von Finanzreserven kontert der kaufmännische Noch-Direktor Peter Ruzicka mit Worten wie "rufschädigend" und "unwahr". Die Reservefonds des Fördervereins (750.000 Euro und 650.097 Euro) seien nie angetastet worden. Nach 2022, wenn Bachler den Osterladen übernimmt, stünden ihm, so Ruzicka, nicht nur diese Summen zur Verfügung, vielmehr auch Rückstellungen in Höhe von 264.902,23 Euro.

Bachler ist zu diesem nahenden Geschenk Ruzickas noch nichts eingefallen. Bei diesem hochkarätigen Kulturmanager entsteht langsam der Eindruck der Selbstbeschädigung durch oberflächliche Polemik. Zudem wirkt sein Erneuerungskonzept für die Osterfestspiele noch etwas blass. Statt – wie bisher – zwei, nunmehr drei Opernvorstellungen einer neuen Produktion anzuberaumen, wäre immerhin ein richtiger Schritt, der bisher als unmöglich galt.

Viele Orchester

Zu diesem Zweck jedes Jahr ein anderes Opernorchester einzuladen, ergäbe eine Abwechslung, die jedoch nicht nur finanzielle und logistische Fragen aufwirft. Wenn dieser orchestrale Stafettenlauf vor Beginn geplant war, welche Rolle hätte man in diesem Konzept Thielemann zugedacht? Schließlich bekundete die Politik, Bachler und Thielemann als "Dream Team" begrüßen zu wollen.

Das hätte nach Gesetzen der Logik nur bedeuten können: Die Wiener Philharmoniker, die Berliner, das Gewandhausorchester Leipzig oder andere Klangkörper würden sich unter hochkarätigen Maestri der jeweiligen szenischen Produktion widmen. Thielemann hingegen müsste in Bachlers Konzept der "permanenten kulturellen Anreize" von Vormittag bis tief in die Nacht die Ränder betreuen.

Von Beginn an weg

In Bachlers Konzept wären dies Ballettabende, Kirchenkonzerte und Jazz. Vielleicht war auch angedacht, dass Thielemann jedes Jahr ein anderes Orchester dirigiert. Dann hätte er jedoch hinnehmen müssen, dass seine Staatskapelle die Festspiele verlässt, während er bliebe. Wunderliche Vorstellung. Verständlich, dass Thielemann glaubt, man wollte ihn und die Dresdner von Beginn an weghaben. Vielleicht übersieht er aber nur, dass jemand übersehen hat, dass er mit Bachler nicht kann.

Wie auch immer. Die finanzielle Seite des Festivals wird auch für Bachlers Konzept eine Herausforderung; auch erhoffte "Kleinsponsoren" werden nötig sein. Nicht auszuschließen ist ja, dass Festspielfans den Umgang mit Thielemann persönlich nehmen und samt ihren Spenden abwandern. Dass Bachler sich vorstellen kann, Thielemann und die Dresdner auch in sein Konzept der wechselnden Orchester zu integrieren, kann nur als Verhöhnung empfunden werden. Trotz der personellen Klarheit mutet die Zukunft dieses Festivals, das natürlich eine Öffnung vertragen würde, also nach wie konfliktbelastet und wackelig an. (Ljubiša Tošic, 5.10.2019)