Klaus Luger will eine echte Mitsprache in der Partei.

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STANDARD: Stimmt für Sie aktuell noch die Richtung der SPÖ?

Klaus Luger: Es ist augenscheinlich, dass die Richtung so nicht stimmen kann. Die Verluste, die wir bei der Nationalratswahl hinnehmen mussten, haben gezeigt, dass die Sozialdemokratie weder thematisch noch emotional in der Gesellschaft großen Anklang findet.

STANDARD: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat offensichtlich weniger Orientierungsprobleme. Am Abend der Wahlniederlage stellte sie klar, dass die Richtung der SPÖ stimme.

Luger: Sie hat vor allem die Themen im Wahlkampf gemeint.

STANDARD: Aber auch thematisch konnte man doch im Wahlkampf nicht punkten, oder?

Luger: Ich will ja auch gar nichts schönreden. Das Ergebnis ist das Zeichen einer tiefen Krise der Sozialdemokratie. Die SPÖ muss die Dinge neu regeln. Der Parteiapparat gehört modernisiert und professionalisiert. Die Mitbestimmung der Mitglieder muss deutlich verbessert werden – etwa durch die Möglichkeit einer Direktwahl. Und es braucht eine politische Ausrichtung in Richtung einer stärker sozialen und gleichzeitig stärker modern-liberalen Partei.

STANDARD: All diese Vorschläge hört man doch schon seit Jahren aus der roten Ecke. Umgesetzt worden ist aber kaum etwas davon. Eher neigt man zu intern umstrittenen Schnellschüssen wie der Bestellung von Wahlkampfmanager Christian Deutsch zum Geschäftsführer. Können Sie mit dieser Entscheidung leben?

Luger: Diese Personalentscheidung und vor allem die Vorgangsweise kommentiere ich nicht. Aber die Sozialdemokratie wird gut beraten sein, künftig ihre Personalentscheidungen auf eine breitere, demokratische, innerparteiliche Basis zu stellen.

STANDARD: Wie weit soll diese neue rote Basisdemokratie gehen?

Luger: Die Mitglieder sollen die Möglichkeit haben, über alle Spitzenpositionen auf allen Ebenen abzustimmen, ob sie die jeweiligen Kandidaten wollen.

STANDARD: Wofür steht die SPÖ heute?

Luger: Das ist die große Frage. Die SPÖ ist beliebig, schwammig, nicht identifizierbar geworden. Aber es geht darum, dass wir gerade im Zeitalter der Digitalisierung jene Menschen abholen, die darin eine berufliche Zukunft sehen und die motiviert sind, diese Gesellschaft neu zu gestalten. Und gleichzeitig eine Stütze sind für jene Menschen, die Angst haben, in diesem Zukunftsprozess ihren Job zu verlieren. Diesen Fragen müssen wir uns als SPÖ stellen. Aber derzeit bewegen wir uns zwischen nebulos und einem absolut antiquierten Arbeit-Kapital-Widerspruch.

STANDARD: Ist die SPÖ als große Volkspartei nicht längst Geschichte?

Luger: Ganz nüchtern betrachtet, muss man sagen, dass wir das derzeit nicht mehr sind. Weil wir einfach von relevanten Teilen in der Gesellschaft isoliert sind. (Markus Rohrhofer, 4.10.2019)