Gab der österreichischen Öffentlichkeit Rätsel auf: Eike Schmidt.

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Frage: Was ist passiert?

Antwort: Worüber Medien in Österreich und Italien seit mehr als einem Jahr "spekulierten", trat nun ein: Eike Schmidt, der am 1. November die Generaldirektion des Kunsthistorischen Museums (KHM) übernehmen sollte, entschied sich nun kurzfristig für einen Verbleib in Florenz. Zeitgleich bewarb er sich vergangene Woche um eine Verlängerung seines Ende Oktober auslaufenden Vertrags als Direktor der Uffizien. Diese Vorgehensweise ist in der internationalen Museumsszene verpönt und verärgerte auch Kulturminister Alexander Schallenberg: Er nannte den Vorgang "unprofessionell und beispiellos".

Frage: Was bewegte Eike Schmidt zur Absage?

Antwort: In Interviews erklärt der 51-jährige Deutsche die Absage nun mit persönlichen und fachlichen Gründen. Eine wesentliche Rolle sollen die jüngsten politischen Umwälzungen gespielt haben, die Chancen böten, "die Erneuerung der Uffizien weiter vorantreiben zu können". Seit 5. September ist mit Dario Franceschini nun wieder jener Kulturminister im Amt, der ihn 2015 zum Direktor der Uffizien berief.

Über Schmidts Ambition, in Florenz zu bleiben, berichteten italienische Medien seit Sommer 2018, als Alberto Bonisoli in der Regierungsära Salvini das Kulturministerium innehatte. Tenor: Er wolle einen Verbleib in Florenz nicht ausschließen, bekäme er ein entsprechendes Angebot. Dem Ministerium in Wien bestätigte er hingegen wiederholt und noch bis vor drei Wochen sein Kommen. Im Spiegel erklärte er nun, für ihn sei immer deutlicher geworden, dass Sabine Haag "gern ihre Stelle behalten" würde.

Frage: Hat die Absage rechtliche Folgen?

Antwort: Theoretisch ja, praktisch ungewiss: Juristen, die Verträge mit Museumsdirektoren aufsetzen oder prüfen, sehen in der Vorgangsweise Eike Schmidts ein eindeutig schadenersatzpflichtiges Verhalten: weil er das Vertrauen seines künftigen Dienstgebers in seine Vertragstreue verletzt hat oder den mit ihm bereits zustande gekommenen Vertrag gebrochen hat. Als Schäden könnte das KHM z. B. bislang angefallene Spesen geltend machen, das Kulturministerium wiederum die Kosten für eine Neuausschreibung in einer Größenordnung von etwa 40.000 Euro. Das Ministerium prüft derzeit rechtliche Schritte. Das KHM wollte sich dazu nicht äußern.

Frage: Ist eine Neuausschreibung notwendig?

Antwort: Am Donnerstag forderte der Österreichische Museumsverbund, auf eine Neuausschreibung zu verzichten und die seit Jänner interimistische Generaldirektorin Sabine Haag mit sofortiger Wirkung zu bestellen.

Aus dem Kulturministerium verlautet unter Verweis auf das Stellenbesetzungsgesetz, dass eine neue Ausschreibung zwingend sei. Hätte Eike Schmidt seinen im Herbst 2017 unterzeichneten Vertrag innert weniger Wochen widerrufen, hätte man eventuell darüber debattieren können. Die Bestellungskommission hatte drei Kandidaten als "besonders geeignet" eingestuft: darunter Schmidt und Haag.

Frage: Gab es in der Kommunikation ein "Leak"?

Antwort: Die Absage Eike Schmidts gelangte am Dienstag nicht über eine Presseaussendung des KHM oder des Kulturministeriums an die Öffentlichkeit, sondern über einen Artikel des Chefredakteurs der Tageszeitung Die Presse. Schmidt vermutet dahinter ein "Leak", wie er bei einer Pressekonferenz in Florenz am Mittwoch und im nachfolgenden Interview erklärte. Laut der New York Times habe er Sabine Haag nur "privat" davon erzählt. Dass er anderntags auch der Kuratoriumsvorsitzenden seine Absage mitteilte, sei erwähnt. Als Aufsichtsorgan der KHM-Geschäftsführung war das Kuratorium gezwungen, das Kabinett des Kulturministers zu informieren. Eike Schmidts Theorie zufolge wäre in einer verkürzten Darstellung also niemand Geringerer als Alexander Schallenberg der "Leaker", der seinem Unmut über die Angelegenheit über die Presse freien Lauf ließ.