Josef Eisenriegler, Chef des Reparatur- und Service-Zentrums R.U.S.Z, sieht dank der Fridays-for-Future-Bewegung ein gestiegenes Umweltbewusstsein in der Bevölkerung: Es wird mehr repariert satt weggeworfen.
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"Sommerloch hatten wir heuer erstmals keines." Josef Eisenriegler kann sich über mangelnde Nachfrage nicht beklagen – im Gegenteil, das Geschäft brummt. Der frühere AHS-Lehrer mit Masterabschluss in Betriebswirtschaft betreibt seit mehr als 20 Jahren in Wien-Penzing das Reparatur- und Service-Zentrum R.U.S.Z. 25 Mitarbeiter hat die Firma, die meisten davon ehemalige Arbeitslose, die als angelernte Techniker kaputte Geräte wie Waschmaschinen oder Handys wieder instand setzen. Was Eisenriegler die Kunden in die Arme treibt? Kurzlebige Produkte, Schlupflöcher im Konsumentenschutz sowie ein gesteigertes Umweltbewusstsein in der Gesellschaft dank der Fridays-for-Future-Bewegung.

Schließlich verschlingt die Produktion diverser Geräte Ressourcen und sorgt für einen Ausstoß von Treibhausgasen. Dennoch schüren Erzeuger den Trend zur Wegwerfgesellschaft, indem sie – Stichwort geplante Obsoleszenz – Geräte absichtlich mit Schwachstellen versehen, um die Lebensdauer künstlich zu verkürzen. Aber auch Händler tragen ihr Scherflein dazu bei, indem sich manche aus ihrer zweijährigen Gewährleistungsverpflichtung zu drücken versuchen.

Ins Wasser gefallen

Ein Klassiker ist der Trick mit dem Wasserschaden: Der Händler verweigert die Gewährleistung für ein elektronisches Gerät, oft ein Handy, mit der Erklärung, dass es nass geworden sei – und somit ein Verschulden des Kunden vorliege. Für Verbraucher ist dann guter Rat teuer, und zwar wortwörtlich: Ob ein Fall von Gewährleistung vorliegt, müsste ein Gutachter entscheiden, der in der Regel kostspieliger ist als das Produkt. Freilich tritt diese Argumentation erst sechs Monate nach dem Kauf auf, ab dann gilt innerhalb der zweijährigen Gewährleistung die Beweislastumkehr. Zuvor müsste der Händler belegen, dass der Verbraucher den Schaden verursacht hat.

Folglich begrüßt Verbraucherschützerin Gabriele Zgubic von der Arbeiterkammer (AK), dass Besserung in Sicht ist – und zwar in Form zweier EU-Richtlinien, eine für herkömmliche Waren, die andere für digitale Produkte. Einer der zentralen Punkte: Die Beweislastumkehr tritt erst nach einem Jahr in Kraft.

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Wenn der Konsumentenschutz bei defekten Geräten ins Leere geht, bleiben drei Möglichkeiten: selbst Hand anlegen, reparieren lassen oder – zumeist wenig nachhaltig – neu kaufen.
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Für Zgubic geht dies aber nicht weit genug. Sie spricht sich im Rahmen der Umsetzung in österreichisches Recht für weitere Verbesserungen aus. Etwa eine generelle Verlängerung der derzeit zweijährjährigen Gewährleistung, ein Ersatzgerät bei längeren Reparaturen, ein Rücktrittsrecht bei Mängeln binnen 30 Tagen oder die Verlängerung der Beweislastumkehr auf zwei Jahre, denn: "In der Praxis wird danach die Gewährleistung oft ausgehebelt oder erschwert."

AK wirft Köder aus

Allerdings hat sich die Wirtschaftskammer mehrfach gegen sogenanntes Gold-Plating ausgesprochen, also gegen über die EU-Vorgaben hinausgehende Regelungen – obwohl dies möglich ist und von anderen EU-Ländern auch gelebt wird. In anderen Worten: Für die Wirtschaftskammer ist ein Mindestmaß an Konsumentenschutz ausreichend. Allerdings beißt Roman Seeliger, Geschäftsführer der Bundessparte Handel, bei einem von der AK ausgeworfenen Köder durchaus an. Zgubic spricht sich nämlich im Zuge der Umsetzung auch für eine Ausweitung der Herstellerhaftung aus, damit "der Handel mehr Möglichkeiten hat, etwaige Schäden, die er erlitten hat, auch zurückzufordern".

Zwar gibt es Seeliger zufolge schon die Möglichkeit, gegenüber Herstellern bei Gewährleistung Regress zu führen, allerdings handle es sich dabei um nachgiebiges Recht. Es kann also vertraglich ausgeschlossen werden, wovon Hersteller vor allem gegenüber kleineren Händlern mit wenig Marktmacht auch reichlich Gebrauch machten. Wenn man die Regressmöglichkeit in zwingendes Recht umwandeln würde, das nicht ausgeschlossen werden kann? "Das wäre natürlich schön, wenn man das machen würde", sagt Seeliger und betont, dass er dabei nur für den Handel, nicht für die gesamte Wirtschaftskammer spreche.

EU will Kreislaufwirtschaft

Die neuen Richtlinien sind Mosaiksteine auf dem Weg zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, die sich die EU-Kommission in einem Aktionsplan von Ende 2015 als höheres Ziel auf die Fahnen geheftet hat. Darin vorgesehen ist neben der Energieeffizienz auch die Förderung von Reparaturfähigkeit, Haltbarkeit und Recyclingfähigkeit von Produkten. Die EU-Kommission plant neue Regeln für Hersteller ab 2021, wonach Haushaltsgeräte leichter zu reparieren sein sollen, damit sie nicht zu früh weggeworfen werden müssen. Ersatzteile müssen etwa mindestens sieben Jahre nach dem Verkauf eines Geräts noch verfügbar sein.

Die Anzahl an reparaturbedürftigen Geräten dürfte künftig also sogar steigen, weshalb R.U.S.Z-Chef Eisenriegler auf Expansion setzt. Derzeit wird die Grazer Filiale an einen Franchisenehmer übergeben, bald sollen weitere Städte wie Linz folgen. Und für kommendes Jahr sei der Schritt nach Deutschland geplant, sagt der 66-jährige Unternehmer. "Wir werden eine Franchise-Reparaturkette." (Alexander Hahn, 5.10.2019)