Donald Trump hat erneut eine rote Linie überschritten, diesmal in aller Öffentlichkeit. Während die Opposition noch dabei ist, das Amtsenthebungsverfahren gegen ihn zu organisieren, bestätigt er den Kern des Verdachts, der diesem Verfahren zugrunde liegt. Als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, fordert er China auf, Ermittlungen gegen Joe Biden und dessen Sohn einzuleiten. Das tut er vor laufenden Kameras, nicht nur während eines vertraulichen Telefonats, dessen Inhalt nur bekannt wurde, weil ein Whistleblower Alarm schlug.

So absurd das auf den ersten Blick anmutet, so offenbart es doch auch ein klares Handlungsmuster. Schon als Unternehmer handelte er nach der Devise, dass Angriff die beste Verteidigung ist. Umso härter zurückschlagen, wenn man einstecken muss, das war von jeher seine Maxime.

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Fakten zählen nicht für Donald Trump.
Foto: REUTERS/Kevin Lamarque

Indem er sich öffentlich an Peking wendet, versucht er zu suggerieren, dass nichts dabei ist, jene Grenze zu ignorieren, die seine Vorgänger respektiert haben. Dabei verbietet ihm das Gesetz, im Zusammenhang mit einer Wahl um ausländische Hilfe zu bitten. Und dass Trump Joe Bidens Sohn ins Visier nimmt, dass er Kiew und Peking dazu anstachelt, angebliche Verstrickungen des Juniors in ukrainische oder chinesische Korruptionsgeflechte zu untersuchen, hat nun einmal allein mit der Wahl 2020 zu tun.

Fakten zählen nicht für den Mann, der seriösen Medien stets das Verbreiten von "Fake-News" vorwirft. Er will die tägliche Debatte bestimmen, mit welcher Geschichte auch immer, ob sie nun wahr oder frei erfunden ist. Eine Inflation von neuen Gerüchten, Verästelungen, Randnotizen in der Causa soll das Publikum ermüden, es den Überblick wie das Interesse verlieren lassen, während er die Nachforschungen der Opposition blockiert. Dass Trump mit alledem die Hemmschwelle im politischen Diskurs noch weiter senkt, stört ihn nicht. Es hat ihn noch nie gestört. (Frank Herrmann, 4.10.2019)