Kerzen am Tatort in Kitzbühel: Viele in der 8000-Einwohner-Stadt kannten die Opfer, aber auch den mutmaßlichen Täter persönlich.

Foto: APA / ZEITUNGSFOTO.AT

Innsbruck/Kitzbühel – In der Stadt Kitzbühel herrscht Betroffenheit, nachdem am Sonntagmorgen fünf Menschen ermordet wurden. Der 25-jährige Andreas E. hat die Tat gestanden. Am Montag wurde über ihn Untersuchungshaft verhängt.

Der Mann soll die 19-jährige Nadine H., deren Vater Rupert (59), Mutter Andrea (51) und Bruder Kevin (25) sowie den Freund der jungen Frau erschossen haben. Bei dem Freund handelt es sich um den 24-jährigen Oberösterreicher Florian J., der zuletzt beim Kitzbüheler Eishockeyklub Die Adler unter Vertrag war. Davor spielte er unter anderem für die Black Wings Linz. Beide Vereine drückten ihr Beileid aus.

Ein 25-Jähriger erschoss am Sonntagmorgen die gesamte Familie seiner Ex-Freundin sowie deren neuen Freund.
ORF

Nach der Tat stellte sich der mutmaßliche Täter selbst der Polizei in Kitzbühel. Mit den Worten "Ich habe fünf Menschen getötet" habe der junge Mann den Posten betreten und eine Pistole – die mutmaßliche Tatwaffe – sowie ein Messer auf den Tresen gelegt, erklärte Landeskriminalamtsleiter Walter Pupp bei einer Pressekonferenz am Sonntag.

Obwohl umgehend Rettungskräfte zum Tatort, einem Einfamilienhaus im Stadtteil Vordergrub, geschickt wurden, kam für die fünf Opfer jede Hilfe zu spät. Noch laufe die Einvernahme, sagte Pupp, aber der mutmaßliche Täter zeige sich geständig, und so konnte der Tathergang bereits ungefähr rekonstruiert werden.

Pressestatement vom Leiter des Landeskriminalamts in Tirol und des Kitzbüheler Bürgermeisters zum Fünffachmord.
DER STANDARD/APA
Zur Vorgeschichte erklärte die Polizei, dass die 19-jährige Exfreundin des mutmaßlichen Mörders vor knapp zwei Monaten die Beziehung mit dem 25-Jährigen beendet haben dürfte.
Foto: APA/ZOOM.TIROL

Opfer und Täter kannten sich

Das Motiv, so vermuten die Beamten, liege "im Bereich einer Zurückweisung nach Beendigung einer Beziehung", Alkohol war offenbar nicht im Spiel. Der mutmaßliche Täter war offenbar seit 2014 mit dem 19-jährigen Opfer liiert gewesen. Beide stammen aus alteingesessenen Kitzbüheler Familien. Vor rund zwei Monaten war die Beziehung auseinandergegangen. Am Samstagabend, so die Ermittler, hätten die junge Frau und ihr Ex-Freund einander zufällig in einem Lokal in der Stadt getroffen. Es sei wohl zu einem Streit gekommen, aber die beiden seien daraufhin ihrer Wege gegangen, erklärte Pupp.

Foto: Der Standard

Stunden später aber, gegen vier Uhr früh, fuhr Andreas E. zum Wohnhaus der 19-jährigen und ihrer Familie. Dort öffnete ihm der Vater der jungen Frau die Tür, diese kam dazu. Nach einem kurzen Wortwechsel zwischen den dreien schickte der Vater den Mann weg. Dieser dürfte in der Folge zum Haus seiner eigenen Familie gefahren sein. Dort habe er unbemerkt die Waffe seines Bruders, die dieser rechtmäßig besitzt, an sich genommen. Die Pistole sei ordnungsgemäß in einem Tresor verwahrt gewesen. Warum der 25-Jährige Zugriff darauf hatte, sei noch Gegenstand der Ermittlungen.

Der Leiter des Landeskriminalamts, Walter Pupp (links), und der Bezirkspolizeikommandant von Kitzbühel, Martin Reisenzein, bei der Pressekonferenz.
Foto: APA/ZEITUNGSFOTO.AT

Jedenfalls kehrte er am frühen Morgen bewaffnet zum Haus der Familie seiner Exfreundin zurück. Als ihm wieder deren Vater die Tür öffnete, erschoss er diesen und drang in das Gebäude ein, wo er den Bruder und die Mutter von Nadine H. tötete.

Über einen Balkon stieg Andreas E. in der Folge in die Einliegerwohnung ein, in der sich die 19-Jährige mit ihrem Freund aufhielt und erschoss auch die beiden, so Pupp. Während seiner Beziehung mit H. habe E. mehrere Monate in dem Haus gelebt, daher war er mit den Gegebenheiten wohlvertraut. Warum der 25-jährige Verdächtige seine Aggression gegen die gesamte Familie richtete war am Montag weiterhin unklar. "Diese Frage beantwortet er nicht, weshalb das so schnell nicht zu klären sein wird", sagte Pupp.

Die Polizei ist im Moment mit Einvernahmen von Nachbarn beschäftigt, die die Schüsse gehört haben.
Foto: APA/ZOOM.TIROL

Bürgermeister und Landeshauptmann schockiert

Kitzbühels Bürgermeister Klaus Winkler (ÖVP), der die Familien der Opfer und des mutmaßlichen Täters kennt, sprach von einer "unfassbaren Tragödie". Als Zeichen der Trauer wurde die schwarze Fahne am Rathaus aufgezogen. Ein solches Verbrechen sei in der Geschichte der Stadt beispiellos. Auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) gab am Sonntagnachmittag via Facebook ein Statement zu der Bluttat ab: "Eine schreckliche Tragödie hat sich heute Nacht in Kitzbühel ereignet. Es sind Nachrichten, die einen sprach-und fassungslos zurücklassen. In diesen schweren Stunden sind meine Gedanken bei den Angehörigen und Freunden der Opfer."

Das Rote Kreuz hat ein Großaufgebot zur Krisenintervention in den Ort geschickt. Viele in der 8000-Einwohner-Stadt kannten die Opfer, aber auch den mutmaßlichen Täter persönlich, der Kreis der Betroffenen, die nun psychologische Hilfe benötigen, sei daher sehr groß. Der Bezirksstellenleiter des Roten Kreuzes, Joachim Jochum, betonte, dass sich alle, die über ihre Gefühle reden wollen, jederzeit an sein Team wenden können. E. war Mitglied der FPÖ. Dieser Umstand veranlasste die SPÖ-Ortsgruppe Langenzersdorf, ein umstrittenes Posting online zu stellen. Er wurde nach Bekanntwerden der Tat von der Partei ausgeschlossen. (Steffen Arora, 6.10.2019)