Ein Avatar läuft mit Kamera am Kopf durchs Kasino und die Stadt und treibt den Overkill der Materialien voran.

Foto: Ruiz_Cruz

Man kann vor einem Spiegel gleißend blonde Perücken mit Locken oder einem geflochtenen Zopf aufprobieren. Ein junger Herr mit schwarzem Federkranz auf den Schultern gibt am Piano Girls Just Want to Have Fun oder Barbie Girl zum Besten. Junge Damen stellen dem wartenden Publikum knappe Fragen über Feminismus, die Ungleichbelastung von Mann und Frau oder gendergerechte Sprachregelungen.

Das Kasino des Burgtheaters soll unter Martin Kusej der Ort für neue diskursive Formate werden. Die Schauspielerin Caroline Peters und die Theatermacherin Gesine Danckwart starten das Programm mit ihrer Installation Theblondproject. Die "Blondwelt" nennt Peters den Parcours, der auch durch die Räume hinter der Bühne führt.

Plötzliche Not zu Ansichten

Während Danckwart es irgendwann seltsam fand, dass Frauen beim Kita-Abend sitzen und Männer stattdessen Karriere machen, bekennt Peters eingangs, dass sie immer weit weg vom Feminismus stand, weil sie ihn nie nötig hatte. Dann begann aber der Druck in Sachen Frauenthemen zu wachsen, und man musste plötzlich Ansichten zu diesem und jenem haben. Peters begann zu recherchieren.

Solche Recherchen bilden als Videointerviews den Rundgang mit einer Spitzensportlerin, einer Spitzenköchin, einer Scheidungsanwältin oder einer Geschäftsfrau. 20 Minuten hat man Zeit, sich in persönliche Erlebnisse und soziologische Feststellungen einzusehen – will man das gewissenhaft tun, reichen die bei weitem nicht. Man darf nach der Vorstellung aber noch einmal ran.

Atombusen und toughe Augenbrauen

Der größte Teil des Bühnenprogramms gehört dazwischen Peters. Wie Gilda aus dem Film von 1946 strippt sie sich den Handschuh vom Arm und assoziiert dabei die gleichnamige Atombombe, die das Bikini-Atoll sprengte. Das führt sie gedanklich weiter zum Atombusen. Peters erzählt, dass sie bei der Anrede "Frau Peters" immer an ihre Mutter denke, die aufgrund ihres Doktortitels in Formularen statt als Johanne immer wieder als "Johannes" angesprochen wurde.

Kurios, anekdotisch aber mit ernsthafter Absicht greifen die Teilstücke des halbstündigen Monologs ineinander. Dazu gehören auch ein Blondinenwitz und die Entdeckung, dass dicke Augenbrauen das neue Erkennungszeichen tougher Frauen sind. Ebenso eine Reflexion darüber, dass Frauen in Männerrunden oft in den Modus verfallen, statt etwas zu wissen, etwas nur zu "glauben". Zwischendurch liest Peters vom Textbuch ab – weil Männer Frauen, wenn sie etwas vorlesen, eher zuhören, als wenn sie frei sprechen. Großes Gelächter für den Einfall.

Eine Komparsin läuft derweil mit einer Kamera herum und treibt den Overkill der Materialien voran. Mehr ist mehr, irrte man sich. Doch zeigt der eigenhändig gebastelte Abend zig Baustellen auf. (wurm, 6.10.2019)