Der Krieg in Syrien geht in seine nächste Episode. Dass die Türkei jenseits ihrer Grenze interveniert, um dort auf Kosten der Kurden eigene Statthalter einzusetzen, ist zwar nicht neu. Aber dass die USA den Türken sozusagen den Schlüssel dafür übergeben, ist doch eine Überraschung. Zu erwarten ist zwar nur eine beschränkte Operation: Mehr werden Russland, aber auch die USA nicht zulassen, aus unterschiedlichen Gründen. Aber immerhin kann Präsident Tayyip Erdoğan seine Vorstellungen einer antikurdischen "Sicherheitszone" teilweise verwirklichen und auch noch ein paar Flüchtlinge loswerden.

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Die türkische Armee positioniert sich an der Grenze zu Syrien.
Foto: REUTERS/Stringer

Die strategischen Überlegungen von US-Präsident Donald Trump beschränken sich wohl auf das, was er Montagfrüh von sich gab: heraus aus den "lächerlichen endlosen Kriegen". Die Beweggründe seines russischen Amtskollegen Wladimir Putin sind da schon etwas raffinierter. Er beschwört die "territoriale Integrität" Syriens – und lässt die "Terroristenverfolgung" Erdoğans dennoch zu.

Die Türken am Horizont, die neoosmanischen Ambitionen Erdoğans, sind ein perfektes Druckmittel, das Putin diese Woche bei seinem Besuch in Saudi-Arabien zum Einsatz bringen wird. Wenn die Araber Syrien nicht endgültig an Iraner und Türken verlieren wollen, müssen sie sich engagieren, wird Putin sagen: etwa indem sie Syrien wieder in die Arabische Liga aufnehmen und sich am Wiederaufbau beteiligen. Und die Kurden – Kollateralschaden. (Gudrun Harrer, 7.10.2019)