Bild nicht mehr verfügbar.

Merkels Regierung erntete viel Kritik für das Klimaschutpaket.

Foto: AP

Bild nicht mehr verfügbar.

Aktivisten der Extinction Rebellion haben am Montag in mehreren europäischen Städten protestiert.

Foto: Reuters

Außentemperaturen unter zehn Grad Celsius haben die Aktivisten der Extinction Rebellion nicht davon abgehalten, sich in den frühen Morgenstunden am Montag auf die Straßen Berlins zu legen. Die Demonstranten, die für mehr Umweltschutz auf die Straße gehen, blockierten am Montag eine zentrale Kreuzung in der deutschen Hauptstadt, wo fünf mehrspurige Straßen aufeinandertreffen. Auch in anderen europäischen Städten legten Klimaschützer zeitweise den Verkehr lahm.

Ein Grund für den Unmut in Berlin ist das Klimapaket der deutschen Bundesregierung. Der Spiegel berichtete am Sonntag in seiner Onlineausgabe, dass das bisher geplante Paket deutlich abgeschwächt wurde. Das Bundesumweltministerium dementierte die Vorwürfe, von einer "Abschwächung wesentlicher Punkte" könne "keine Rede sein", hieß es am Montag. Laut Spiegel wird in dem finalen Gesetzesentwurf – anders als vorgesehen – für das Jahr 2040 kein nationales CO2-Einsparungsziel mehr festgelegt. Auch die Kontrollmechanismen für die Einhaltung der Klimaziele wurden nach Angaben des Nachrichtenmagazins abgeschwächt. Am Montag hagelte es daraufhin Kritik – auch aus der Koalition. Der ehemalige CDU-Politker Ruprecht Polenz etwa forderte klare Zwischenziele. Die Grüne Britta Haßelmann sprach gar von einer "Bankrotterklärung".

Auf der Homepage veröffentlicht

Das Bundesumweltministerium reagierte prompt und veröffentlichte den Referentenentwurf für das Gesetz und die Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030 auf seiner Homepage.

DER STANDARD hat die Papiere mit Österreichs Klimaschutzplänen – konkret mit dem türkis-blauen Entwurf des nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) verglichen.

Dabei zeigte sich: Trotz der Kritik an den Maßnahmen, die von vielen Wissenschaftern als zu zahnlos eingestuft wurden, legte Kanzlerin Angela Merkel die Latte für Österreich hoch. Die Republik muss ihren finalen Klimaplan spätestens Ende Dezember veröffentlichen. Im Gegensatz zum bisherigen Entwurf Österreichs sparten die Deutschen nicht mit konkreten Jahreszahlen, Details und präzisen Reduktionszielen.

  • CO2-Bepreisung
    Deutschland will ab 2021 eine CO2-Bepreisung für die Sektoren Verkehr und Wärme außerhalb des Emissionshandels einführen. Zunächst soll es ein Festpreissystem geben, bei dem Zertifikate an Unternehmen, die Emissionen in Verkehr bringen, verkauft werden. Der Preis für die Zertifikate soll von zehn Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2021 bis 2025 auf 35 Euro pro Tonne steigen. Ab 2026 wird eine maximale Emissionsmenge festgelegt, die jährlich reduziert werden soll. Die Erlöse sollen in Klimaschutzfördermaßnahmen fließen und Bürger entlasten. Der Einstiegspreis von zehn Euro wurde von mehreren Wissenschaftern als zu niedrig kritisiert, um eine Hebelwirkung zu erzielen.
    Auch in Österreich herrscht in der Wissenschaft breiter Konsens darüber, dass eine CO2-Bepreisung notwendig wäre, um die nationalen Klimaziele zu erreichen. In dem NEKP-Entwurf ist davon jedoch nicht die Rede. Die türkis-blaue Regierung berief sich beim Thema CO2-Bepreisung zumeist auf bestehende Lenkungsmaßnahmen wie die Mineralölsteuer.

  • Verkehr
    Ähnlich wie Österreich setzt auch Deutschland auf den Ausbau der E-Mobilität: Bis 2030 soll bundesweit eine Millionen Ladepunkte öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Solche konkreten Zahlen sind im NEKP-Entwurf nicht zu finden. Zuletzt wurde in Österreich die "E-Mobilitätsoffensive" mit einem Gesamtumfang von rund 93 Millionen Euro für die Jahre 2019 und 2020 verabschiedet. Dazu zählen Förderungen und Zusatzboni. Auch in Deutschland soll der Umstieg auf E-Autos gefördert werden, darunter fällt die Senkung der Dienstwagensteuer für reine E-Autos.
    Das Paket sieht zudem vor, dass Fliegen teurer und Bahnfahren günstiger wird. So soll die Luftverkehrsabgabe erhöht und die Mehrwertsteuer auf Bahnfahrkarten im Fernverkehr gesenkt werden.
    In beiden Ländern setzen die Regierungen auf den Ausbau des Radverkehranteils und des öffentlichen Nahverkehrs. Das deutsche Klimapaket sieht vor, dass die Mittel für den öffentlichen Personennahverkehr ab 2021 auf eine Milliarde Euro pro Jahr steigen sollen. Pendler sollen aufgrund des geplanten CO2-Preises entlastet werden. In Österreichs Klimapapier ist von Pendlern nicht die Rede, das Thema war allerdings im Wahlkampf ein großes Thema.

  • Energie und Gebäude
    Im Zentrum des Kapitels Energiewirtschaft steht im deutschen Papier der schrittweise Ausstieg aus der Kohleverstromung. Die installierte Kohleerzeugungskapazität soll "bis spätestens 2038 vollständig beendet werden". Gleichzeitig will die deutsche Bundesregierung den Anteil Erneuerbarer ausbauen – konkret soll der Stromverbrauch 2030 zu 65 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammen. Österreich hat sich für den gleichen Zeitraum ein Ziel von hundert Prozent gesetzt, der Ausgangswert ist hierzulande jedoch bereits wesentlich höher. In Deutschland sollen gezielte Maßnahmen die Akzeptanz für Erneuerbare erhöhen: Dazu zählt zum Beispiel ein geregelter Mindestabstand bei der Aufstellung von Windkraftanlagen.
    Ab 2026 sollen in Deutschland im Regelfall keine neuen Ölheizungen mehr in Gebäuden installiert werden, für den Austausch alter Heizungen sind Zuschüsse geplant. In diesem Punkt ist Österreich den Deutschen voraus: Hierzulande wurde Ende September beschlossen, dass ab 2020 keine Ölkesselanlagen mehr in Neubauten installiert werden dürfen. (Nora Laufer, 8.10.2019)