Die CEU in der Favoritner Quellenstraße.

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Wien – Bei der Eröffnungspressekonferenz der Central European University (CEU) in Wien sparte Rektor Michael Ignatieff nicht mit Kritik an Ungarn, dem bisher exklusiven CEU-Standortstaat in Europa – sowie an der EU: "Wir sind die einzige Universität, die je aus einem EU-Land vertrieben wurde. Aus einem Land, das nach wie vor EU-Mitglied ist", sagte er vor Vertretern internationaler Medien in dem von der CEU neu bezogenen ehemaligen Post- und Bawag-Gebäude im zehnten Wiener Gemeindebezirk.

Dort, in einem hellen Hörsaal mit Blick auf die Quellenstraße, bezifferte der kanadische Historiker und Ex-Politiker die Kosten der von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán erzwungenen Übersiedlung der US-Privat-Uni nach Wien: Diese schlage sich von 2019 bis 2024 mit 200 Millionen Euro zu Buche.

Für jede andere Universität – so Ignatieff – hätte das den Ruin bedeutet: "Zum Glück haben wir einen potenten Gründer und Förderer."

Durch Orbán aus Ungarn vertrieben

Dieser, der Investor, Philantrop und Holocaustüberlebende George Soros, wurde von Orbán seit 2010 mehr und mehr zum Feindbild erklärt. 2017 veranlasste Orbán schließlich ein Gesetz, das der CEU einen weiteren Lehrbetrieb in Ungarn verunmöglichte – obwohl es ihr gelang, die Bedingungen dieser "Lex CEU" zu erfüllen.

2018 wurde daher die Übersiedlung nach Wien beschlossen – laut Ignatieff "die positive Seite" der Vertreibung. Konkret soll die Privat-Uni auf dem Gelände des Otto-Wagner-Spitals – auch Steinhof genannt – in Wien-Penzing einziehen.

Eröffnungspressekonferenz am Montag: Die Übersiedlung nach Wien sei die "positive Seite" des Zwangsauszugs aus Budapest, sagte Rektor Michael Ignatieff (Dritter von links, rechts die kasachische Studierende Kamila Auyezova, links Vizerektorin Éva Fodor und der akademische Direktor Livio Matei).

Produktive Verhandlung mit Stadt Wien

Das aber ist frühestens im Jahr 2023 möglich. Einen diesbezüglichen Vertrag habe man noch nicht abgeschlossen, aber die Verhandlungen mit der Stadt Wien gestalteten sich "sehr produktiv", sagte Livio Matei, akademischer Direktor der CEU.

"Was wir brauchen, ist ein Nutzungskonzept. Das Steinhof-Gelände ist sehr weitläufig, wir können höchstens ein Drittel verwenden", sagte Matei. Gesucht würden akademische und andere Bildungseinrichtungen sowie Kulturinstitutionen, die sich beteiligen wollen.

Standort in Budapest bleibt

Für die Zwischenzeit bot sich das ehemalige Bankgebäude im Arbeiter- und Zuwandererbezirk Favoriten an, den Ignatieff als "dynamisch und aufregend" lobte. Im heuer startenden Studienjahr werden hier 300 fertige Akademiker aus aller Welt unterrichtet. Ihre Ausbildung findet halb in Wien und halb in Budapest statt. Im kommenden Jahr sollen alle 1.500 Studierenden nach Wien übersiedeln.

Wobei, so Ignatieff: "Unseren Standort in Budapest halten wir aufrecht. Unter anderen werden wir dort ein Veranstaltungsprogramm anbieten." (Irene Brickner, 8.10.2019)