Jörg Zarbl (rechts) begrüßt seinen Mandanten, Walter Meischberger. Der Pflichtverteidiger hat – wie die anderen vier Pflichtverteidiger in der Causa Buwog– noch kein Geld gesehen.

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Wien – Die fünf Pflichtverteidiger, die in der Buwog-Verhandlung seit rund 22 Monaten Mandanten wie den Exlobbyisten Walter Meischberger oder Peter Hochegger vertreten, dürften noch länger auf ihr erstes Geld warten. Ihre Honorarnoten fürs Jahr 2018 haben sie Ende März an die Wiener Rechtsanwaltskammer geschickt, und die hat vorige Woche auch den Beschluss gefasst, Zahlungen zu akontieren.

Allerdings: Die Kammer hat nur 60.000 Euro dafür in der Kasse. Sie leistet nur Anzahlungen, holt sich das Geld für die sogenannte Verfahrenshilfe dann vom Staat zurück. Abgewickelt wird das alles über den Österreichischen Rechtsanwaltskammertag (Örak). Im Fall Buwog teilt die Wiener Anwaltskammer also die vorhandenen 60.000 Euro durch fünf. Neben den zwei angeklagten Ex-Lobbyisten fehlt drei weitere Angeklagten das Geld für einen Anwalt.

Aufwendiges System

Mit den 12.000 Euro je Nase wird es aber nicht getan sein. Denn die fünf Pflichtverteidiger wie Jörg Zarbl (Meischberger) oder Leonhard Kregcjk (Hochegger) haben für ihre Leistungen im Jahr 2018 Honorarnoten in der Höhe von rund 600.000 Euro gelegt – und zwar jeder von ihnen. Macht in Summe rund drei Millionen Euro (minus 25 Prozent, die auf jeden Fall abgezogen werden).

Auf dieses Geld werden die Verteidiger noch länger warten. Denn das Procedere ist aufwendig und langwierig. Die Anwaltskammer verteilt das, was sie von der Republik als Vorschuss auf die "Sonderpauschalvergütung" für Verfahrenshelfer in Großverfahren bekommen hat. Danach muss sie neue Anträge stellen. Die Leistungen der Anwälte werden penibel geprüft, die Kammern entscheiden in Bescheidform, all das dauert. Die Verteidiger haben nur einen Anspruch gegenüber ihrer Kammer, nicht gegenüber dem Staat.

Lukrative Großverfahren

Kurzer Einschub zur Begriffsklärung: Eine bestimmte Zahl von Verfahrenshilfemandaten muss jeder Rechtsanwalt übernehmen, bezahlt bekommt er dafür nichts. Die Republik überweist dem Örak für diese Dienste am Rechtsstaat pauschal 18 Millionen Euro; das Geld fließt in den Fonds für Anwaltspensionen. Allerdings geben viele Anwälte diese Mandate an Kollegen weiter. Zur Erinnerung: Der erste Buwog-Prozesstag war am 12. Dezember 2017, seither sind 111 Verhandlungstage vergangen. Ein Ende des Verfahrens erster Instanz ist nicht in Sicht.

Für Großverfahren wie diese (ab dem elften Verhandlungstag oder der 51. Verhandlungsstunde im Jahr) steht den Verfahrenshelfern eine "angemessene Entschädigung" zu, die sich am Anwaltstarif bemisst. Da kann (siehe Buwog) viel Geld zusammenkommen. Die Anwaltskammern akontieren dann, das Justizministerium legt in einer Verordnung die jährliche Sonderpauschalvergütung fest – hinkt zeitlich aber ziemlich nach.

So hat die Örak vom Justizministerium erst dieser Tage die Abrechnung und Pauschale fürs Jahr 2015 bekommen. "Kann sein, dass die Buwog-Pflichtverteidiger ihr Geld erst 2021 sehen", meint ein mit der Angelegenheit Vertrauter.

Wiener Anwaltskammerchef für Änderung

Der Präsident der Wiener Anwaltskammer, Michael Enzinger, räumt ein, dass das derzeitige System "viele Schwachstellen hat und unausgewogen ist", im Örak gebe es Arbeitsgruppen, die sich mit dem Problem beschäftigten. Zudem kritisiert der Anwaltspräsident, dass es vonseiten des Ministeriums seit vielen Jahren keine Valorisierung mehr gegeben habe.

Und das Ministerium tröstet: Die nächste Vorschusszahlung werde voraussichtlich Ende 2019 erfolgen, so eine Sprecherin. Wobei: Die Höhe kenne man noch nicht. (Renate Graber, 7.10.2019)