Was hat H.-C. Strache mit der chinesischen Falun-Gong-Sekte zu tun? Also das geht so: Strache zitiert die deutschsprachige Ausgabe der "Epochtimes", die ihm gute Chancen bei einer eigenen Kandidatur zubilligt. Die "Epochtimes" ist das Sprachrohr der von der chinesischen Regierung unbarmherzig verfolgten Falun-Gong-Bewegung. Deren deutschsprachige Ausgabe solidarisiert sich auffällig mit rechten Parteien.

Ob H.-C. Strache die exotische Unterstützung etwas hilft, ist eine andere Frage. Der ehemalige FPÖ-Chef ist in einer ziemlich verzweifelten Lage. Materiell und psychisch. Politik war sein Lebensinhalt und sein Lebensunterhalt. Nun steht er in einem Psychodrama zwischen ihm, seiner Frau und seiner Partei.

Der ehemaligen FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache.
Foto: Matthias Cremer

Nach der Spaltung der FPÖ und der Gründung des BZÖ durch Jörg Haider (die erfolgte, weil Strache gegen Haider zu kandidieren drohte) war die Partei ganz unten. Strache zog sie in den Jahren seit 2005 wieder steil nach oben bis zu den 26 Prozent von 2017. Bei "wertfreier" Betrachtung eine beachtliche politische Leistung.

Burschenschaftermilieu

Strache war/ist ein politischer Rechts-außen und Randalierer, aber er strebte zugleich auch nach politischer Respektabilität. Dem vaterlosen Burschen, der ins Internat musste, waren die Neonazis ursprünglich wohl eine Ersatzfamilie. Der erste Schritt zur Respektabilität war die (längst geschiedene) erste Ehe mit der Tochter einer Wiener Gastwirtefamilie. Als Nichtakademiker wurde er im Burschenschaftermilieu versteckt verachtet, focht aber als Mitglied einer schlagenden Mittelschülerverbindung ein Duell mit stumpfen Waffen gegen einen innerburschenschaftlichen Beleidiger. Den größten inhaltlichen Schritt machte er, als er dem tiefverwurzelten Antisemitismus der Burschenschafter auf dem "Akademikerball" 2018 eine offizielle Absage erteilte. Dort zu sagen, für Antisemitismus sei kein Platz, erforderte einigen Nerv. In der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem war vor ihm kein FPÖ-Spitzenmann. Statt des religiösen Käppchens trug er dort allerdings das "Biertönnchen" der Burschenschafter auf dem Kopf.

Dass er sich auf Ibiza so aufführte, wie er sich eben aufführte, ist die eine Seite seines Charakters. Dass er das dann vor der Öffentlichkeit als "typisch alkoholbedingtes machohaftes Verhalten" bezeichnete und sich bei seiner Gattin Philippa entschuldigte, er habe die attraktive falsche Russin beeindrucken wollen, widerspricht wieder dem vorschriftsmäßigen Verhalten eines echten deutschen FP-Mannes. Gleichzeitig strickte er schon wieder an einer Verschwörungslegende. Letzte Entwicklung: Die Goodies für Philippa legt man ihm in der FPÖ als fatale Schwäche aus. Aber er sieht sich gezwungen, darum zu kämpfen.

Wenn Strache mit einer eigenen Partei in Wien antritt, muss er radikaler werden. Außer Muslimfeindschaft hat er da kein Thema. Das wird übel.

Mit 50 steht Strache beruflich vor einer schweren Zeit oder einer kurzen Blüte als "Rebell". Es sei denn, die FPÖ arrangiert sich doch noch mit ihm und er mit ihr. (Hans Rauscher, 9.10.2019)