Österreich werde sich an der von Deutschland lancierten Bootsflüchtlingsaufteilung in der EU nicht beteiligen, sagte Innenminister Wolfgang Peschorn beim Innenministertreffen am Dienstag: Die für sechs Monate geltende Absprache zwischen Deutschland, Frankreich, Italien und Luxemburg zur Aufnahme von Menschen, die auf der zentralen Mittelmeerroute vor Italien gerettet wurden, betreffe nur einen kleinen Teil des Problems: die wieder zunehmenden Ankünfte auf den griechischen Inseln zum Beispiel nicht.

Das ist eine schlechte Nachricht, weil damit Wien auf jene Taktik setzt, die dem Rat der EU-Innenminister insgesamt als Handlungsunfähigkeit angelastet werden kann. Sich kleinen Schritten mit dem Argument zu verweigern, dass noch keine Lösung für den Gesamtkomplex in Sicht sei, ist kontraproduktiv und unehrlich. Bei dem für die EU sprengkräftigen Thema Migration und Flüchtlinge ist es möglicherweise sogar fatal.

Flüchtlinge auf einem Rettungsboot im Mittelmeer.
Foto: APA/AFP/ANNE CHAON

Doch wäre die Aufnahme von 15 Personen alle ein bis zwei Monate aus innerösterreichischer Perspektive der richtige Weg? Die Ergebnisse der Parteien bei der Nationalratswahl am 29. September scheinen dagegenzusprechen: Nur 22 Prozent haben Grüne oder Neos angekreuzt, die zu dem Verteilungsplan Ja sagen. Die SPÖ zeigte sich eher, aber nicht eindeutig dafür. Rund 54 Prozent hingegen wählten ÖVP und FPÖ, die beide strikt gegen jeden Bootsflüchtlingskompromiss sind.

In einhelliger Übereinkunft bestärkten Türkis und Blau diese Ansichten am Dienstag – ganz so, als übten sie bereits für eine Neuauflage ihrer Koalition. Das ganze Antiflüchtlings- und Antimigrationsmantra vergangener Regierungsmonate wurde abgespielt, von der Behauptung, die Bootsflüchtlingsaufteilung würde Schlepper fördern und das Sterben im Mittelmeer nicht beenden (Karoline Edtstadler), bis zu der nationalistischen Sichtweise eines "Verrats an der Bevölkerung" (Herbert Kickl).

Doch das Sterben im Mittelmeer wird sich durch die Nichtbeteiligung Österreichs an der deutschen EU-Initiative keineswegs verringern; eher im Gegenteil. Und als verraten könnten sich Hiesige empfinden, wenn mangels einer unionsweit akkordierten Migrations- und Flüchtlingsstrategie erneut Hunderttausende ungeregelt nach Europa kommen sollten. Zu einer solchen Strategie nämlich gehören nicht nur Grenzschutzmaßnahmen, sondern auch Aufnahmeabkommen. Insofern ist das österreichische Nein ein Schuss ins Knie. (Irene Brickner, 8.10.2019)