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Die Laureaten (v. li.): John B. Goodenough, M. Stanley Whittingham und Akira Yoshino.
Fotos: REUTERS/Jason Reed, AP/dpa/Thomas Burmeister und AP/Koji Sasahara

Stockholm – Dritter Paukenschlag in Stockholm: Der diesjährige Nobelpreis für Chemie geht an den US-Amerikaner John B. Goodenough, den Briten Michael Stanley Whittingham und den Japaner Akira Yoshino. Sie werden für ihre Beiträge zur Entwicklung von Lithium-Ionen-Akkumulatoren ausgezeichnet, wie die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften am Mittwoch in Stockholm bekanntgab.

Die Preisträger

Die drei Wissenschafter haben durch ihre Beiträge die Grundlagen für eine "wiederaufladbare Welt" geschaffen, so die Begründung des Nobelkomitees. Goodenough ist mit 97 Jahren der älteste Forscher, dem je ein Nobelpreis zuerkannt wurde.

Der als Sohn amerikanischer Eltern 1922 im deutschen Jena geborene Goodenough ist Professor an der University of Texas at Austin. Michael Stanley Whittingham, geboren 1941 in England, ist Professor an der Binghamton University, einen Zentrum der State University of New York. Der 1948 geborene Akira Yoshino ist Professor an der Meijō-Universität in Nagoya.

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Archivbild des frischgebackenen Laureaten Yoshino – samt Batterien.
Foto: Reuters/Kyodo

"Wiederaufladbare Welt"

Lithium-Ionen-Akkus werden global für tragbare elektronische Geräte eingesetzt. Sie haben die Grundlage für E-Autos geschaffen und ermöglichen es, Energie aus erneuerbaren Quellen wie Solar- und Windkraft zu speichern.

Die Grundlage für die Entwicklung von Lithium-Ionen-Akkus wurde während der Ölkrise der 1970er-Jahre geschaffen. Whittingham arbeitete damals an Methoden, die eine Technologie frei von fossilen Energieträgern ermöglichen würde. Er begann seine Forschung zu Supraleitern und entdeckte ein extrem energiereiches Material, aus dem er eine Kathode für Lithiumakkus herstellte.

Der Beitrag von Goodenough bestand darin vorauszusagen, dass die Kathode ein noch größeres Potenzial hätte, wenn sie unter Verwendung eines Metalloxids anstelle eines Metallsulfids hergestellt würde. 1980 konnte er nach langer Suche nachweisen, dass Kobaltoxid mit eingelagerten Lithiumionen bis zu vier Volt erzeugen kann. Dies war der entscheidende Durchbruch, um leistungsstarke Akkus zu ermöglichen.

Revolutionäre Weiterentwicklung

Aufbauend auf Goodenoughs Kathode stellte Yoshino 1985 den ersten für eine kommerzielle Verwendung geeigneten Lithium-Ionen-Akku her. Anstatt reaktives Lithium in der Anode zu verwenden, setzte er dabei auf Petrolkoks, ein Kohlenstoffmaterial, das Lithiumionen einlagern kann. Das Ergebnis war ein ebenso leichter wie strapazierfähiger Akku, der hunderte Male aufgeladen werden kann, ehe sich seine Leistung verschlechtert.

Seit sie 1991 erstmals auf den Markt gekommen sind, haben Lithium-Ionen-Akkus unser Leben revolutioniert, betont das Nobelpreis-Komitee. Sie hätten die Grundlage für eine drahtlose, nicht auf fossile Treibstoffe angewiesene Gesellschaft gelegt und seien für die Menschheit von größtem Nutzen. "Der Klimawandel ist eine ernstzunehmende Gefahr", sagte Yoshino, der zur Preisverkündung telefonisch zugeschalten wurde. "Lithium-Ionen-Akkus können einen Beitrag für eine nachhaltige Zukunft leisten."

Transdisziplinäre Entdeckung

"Der diesjährige Preis ist eine transdisziplinäre Entdeckung zwischen verschiedenen Bereichen der Chemie, Physik und Ingenieurswissenschaften", sagte Olof Ramström vom Nobelkomitee für Chemie in Stockholm. "Für mich ist die Entwicklung der Lithium-Ionen-Akkus ein sehr gutes Beispiel dafür, wie verschiedene Disziplinen zusammenkommen und dann so ein High-Impact-Produkt entwickeln können."

Komiteemitglied Sara Snogerup Linse hob diesen Aspekt auch mit Blick in die Zukunft hervor: "Viele Entdeckungen der Zukunft werden transdisziplinär sein und viele verschiedene Disziplinen erfordern. Die Chemie steht in der Mitte, zwischen Physik und Medizin, und wird daher in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen."

Späte Würdigung

Warum wurde der Preis erst in diesem Jahr für Lithium-Ionen-Akkus vergeben, obwohl schon viele Jahre damit gerechnet worden war? Der Generalsekretär der schwedischen Akademie, Göran Hansson, begründete das mit dem Stiftungsauftrag: "Laut Alfred Nobels Testament soll der Nobelpreis für jene Entdeckungen vergeben werden, die den größten Nutzen für die Menschheit haben. Entdeckungen können das in vielerlei Weise sein. In diesem Fall ist die Bedeutung für die Menschheit offensichtlich, wenn es darum geht, eine nachhaltige Zukunft zu schaffen. Das Bewusstsein dafür, wie wichtig das ist, hat in jüngster Vergangenheit zugenommen, obwohl die nun ausgezeichneten Entdeckungen bereits vor vielen Jahren gemacht worden sind."

Die Auszeichnung ist wie im Vorjahr mit neun Millionen schwedischen Kronen (rund 830.000 Euro) dotiert. 2018 ging der Chemienobelpreis an die drei Biochemiker Frances Arnold, George Smith und Gregory Winter für ihre Beiträge zur sogenannten "gerichteten Evolution".

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Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften hat erneut entschieden – damit stehen alle naturwissenschaftlichen Nobelpreisträger 2019 fest.
Foto: AP/Fernando Vergara

Wie es weitergeht

Die diesjährige Nobelpreiswoche startete mit der Bekanntgabe des Medizinnobelpreises am Montag. Die Auszeichnung ging an die drei Zellforscher William Kaelin, Gregg Semenza und Peter Ratcliffe für ihre Entdeckungen zu Zellreaktionen auf Sauerstoff.

Am Dienstag folgte die Kategorie Physik, abermals teilen sich drei Forscher den Preis: James Peebles wurde für theoretische Entdeckungen in der physikalischen Kosmologie in den Kreis der Laureaten gewählt, Michel Mayor und Didier Queloz für die Entdeckung des ersten Exoplaneten um einen sonnenähnlichen Stern.

Video: Wissenswertes rund um den Nobelpreis.
DER STANDARD

Und damit geben die Naturwissenschaften das Zepter ab. Am Donnerstag wird ebenfalls in Stockholm bekanntgegeben, wer den Literaturnobelpreis erhält, am Freitag vergibt dann ein vom norwegischen Parlament bestimmtes fünfköpfiges Komitee in Oslo den Friedensnobelpreis. Traditioneller Abschluss der Nobelpreiswoche ist die Verlautbarung des Alfred-Nobel-Gedächtnispreises für Wirtschaftswissenschaften (üblicherweise, wenn auch nicht ganz korrekt, als Wirtschaftsnobelpreis bezeichnet) am Montag, dem 14. Oktober. (dare, trat, jdo, 9.10.2019)