Weihevoller Ernst: Ohne Ingrid Langs Regie wäre der Text wohl nur halb so pathetisch.

Foto: Marcella Ruiz Cruz

Dunkel schwappt es auf Screens an beiden Seiten des Spielraums im Theater Nestroyhof. Auf der Erde ist alles schief gegangen: die Böden sind verseucht, die Tiere Kadaver, Wälder brennen, die herrschende Klasse lebt abgeschirmt unter Kuppeln. Und Liv treibt auf einem Floß aus Müll im Nordpolarmeer.

Philipp Weiss' Der letzte Mensch ist Theater als ultimatives Probehandeln. Der Autor hat für Liv – was für ein sprechender Name! – drei Szenarien entworfen und spielt sie 100 Jahre in der Zukunft und gut zwei Stunden lang durch, um Fragen zu Klimawandel und Transhumanismus zu behandeln.

In der Tiefsee versenkt

Die zweite gruselige Variante dieser Zukunftsschau führt in den Weltraum. Liv hat sich dank Implantaten im Gehirn und eines "Life Support"-Systems zum Androiden weiterentwickelt. Die Technologie macht zwar unsterblich, aber nicht glücklich. Also flieht Liv nach der Pause in die Tiefsee, wo sie sich als Mischwesen aus Oktopus, Koralle und Mensch unter Beihilfe von Tentakeln paart. Philipp Weiss' Freude, diese Details zu beschreiben, ist verständlich – nützt aber auch nichts.

Nicht nur die Zivilisation ist untergegangen, auch die Uraufführung des Stücks wurde gründlich versenkt. Die Intention ist ehrenhaft: die "parasitäre" Zeit des Menschen sei abgelaufen, er sollte gleichberechtigt mit den anderen Spezies leben. Doch klingt der Text – ein Auftragswerk – vor allem wie eine gängige Stichwortsammlung zum Weltuntergang, aufgemotzt mit Sci-Fi.

Thema verschenkt

Die Regie von Ingrid Lang macht die Sache auch nicht besser. Theresa Martini, Ana Grigalashvili und Daria Ivanova teilen sich Livs Rolle mit nassen Haaren, wälzen sich am Boden, schreiten umher, stieren ins Leere. Das soll intensiv wirken, ist aber leider sehr langweilig. Drängendes Thema: verschenkt. (wurm, 10.10.2019)