Die US-Banken bekommen wieder Stress. Die Notenbank entzog Liquidität, muss diese jetzt aber wieder nachreichen.

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Mitte September musste die US-Notenbank den Banken kurzfristig Liquidität zur Verfügung stellen. Diese Information hat am Finanzmarkt eingeschlagen, war es doch das erste Mal seit der Finanzkrise vor rund zehn Jahren, dass die Fed zu dieser Maßnahme gezwungen war. In zwei Tagen wurden 128 Milliarden Dollar (116 Milliarden Euro) zur Verfügung gestellt. Seither pumpt die Fed wieder laufend Geld ins System.

Im Falle eines Liquiditätsmangels kann die Fed Banken unterstützen, indem sie den Häusern kurzfristig mit sogenannten Über-nacht-Repo-Geschäften Geld zur Verfügung stellt. Das funktioniert so: Banken verkaufen über Nacht Staatspapiere an die Fed und kaufen diese am nächsten Tag zurück. So besorgen sie sich Kurzfristkredite, deren Zins über einen entsprechend höheren Rückkaufpreis abgegolten wird.

Problem mit den Zinsen

Das verwirrende: Viele US-Banken gelten als gut kapitalisiert – steckt in ihnen doch massig Zentralbankgeld. Die Abwicklung alltäglicher Geschäfte scheint dennoch zu einem Problem geworden zu sein. Das wiederum hat mit den Zinsen zu tun. Am Geldmarkt waren die Kreditkosten für Banken zuletzt aus dem Ruder gelaufen.

Schuldenpolitik belastet

Zwei Gründe wurden dafür genannt: Geld wurde knapp, weil viele Unternehmen wegen anstehender vierteljährlicher Steuerzahlungen Bares abgezogen haben, zudem mussten die Geldhäuser und andere Investoren den Kauf von US-Staatsanleihen im Wert von 78 Milliarden Dollar abwickeln. Hintergrund ist die steigende Staatsverschuldung: Weil die USA zurzeit besonders viel Kredit aufnehmen und entsprechend viele neue Staatsanleihen auf den Markt werfen, greifen US-Banken kräftig zu. Schließlich gehören die Banken in den USA, wie auch in Europa, zu den größten Finanzierern von Staatsausgaben.

Fed weitet Interventionen aus

Durch die geringer werdenden Geldmittel steigen wiederum die Zinsen, zu denen sich Banken untereinander Geld leihen. Bis zu zehn Prozent wurden bereits verlangt – das ist etwa das Vierfache des von der Fed festgelegten Leitzinssatzes von 1,75 bis 2,0 Prozent. Schießt die Notenbank Liquidität zu, sinken die Zinsen wieder. Ist das Problem damit gelöst? Scheinbar nicht. Denn die Fed hat ihre Interventionen ausgeweitet. Bis 4. November sollen nun täglich mindestens 75 Milliarden Dollar in den Markt gepumpt werden können. Ursprünglich sollte die Mitte September gestartete Aktion heute, Donnerstag, auslaufen.

Große Sicherheitspuffer

Was also ist los am US-Bankenmarkt? Ein Punkt ist, dass nur die vier Großbanken (Bank of America, Citi, Wells Fargo und JP Morgan) als wirklich gut mit Zentralbankgeld ausgestattet gelten. "Viele Regionalbanken haben Defizite und kämpfen. Hier muss die Fed ausgleichen", sagt Peter Brezinschek, Chefanalyst vom Raiffeisen Research. US-Ökonom Mohamed El-Erian warnt zudem davor, das Vorgehen der Fed als rein technisches Problem abzutun.

Denn noch ein Faktor kommt hinzu: Nach der Finanzkrise mussten die Banken ihre Geldreserven massiv aufstocken – als Sicherheitspuffer. Seit rund zwei Jahren hat die Fed den Märkten aber wieder Liquidität entzogen, um ihre Geldpolitik zu normalisieren. So hat die Fed ihre Bestände an US-Staatsanleihen, die sie in der Finanzkrise zur Stützung der Wirtschaft gekauft hatte, in den vergangenen Jahren spürbar abgebaut. Mit anderen Worten: Die Geldpolitik wurde auf Kosten der Bankreserven ein Stück weit gestrafft. Die Währungshüter hatten erst Ende Juli entschieden, diese Programme wieder zu stoppen.

Geldpolitischer Werkzeugkasten steht bereit

Nun wird diskutiert, ob die Fed die Liquidität erhöhen oder die Finanzaufsicht die Anforderungen an die Cash-Reserven der Banken senken soll. Fed-Chef Jerome Powell sagte am Mittwoch in Denver, dass die Fed ihre Bilanz wieder ausweiten und bald Maßnahmen beschließen wird, um dem Geldmarkt Impulse zu verleihen. Falls nötig, werde sie ihren geldpolitischen Werkzeugkasten "aggressiv nutzen". (Bettina Pfluger, 10.10.2019)