Bei dem Attentat in Halle an der Saale wurden zwei Menschen getötet.

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Der mutmaßliche Täter von Halle an der Saale, der am Mittwoch vor einer Synagoge mit einem selbstgebauten Waffe schoss, zwei Menschen tötete und zwei weitere verletzte, hat seine Tat live auf der Streamingplattform Twitch übertragen. Rund 35 Minuten dauerte die Übertragung, die er mit einer Helmkamera gefilmt hatte.

Nur glückliche Umstände haben offenbar verhindert, dass ein Rechtsextremist in einer Synagoge in Halle/Saale ein Massaker angerichtet hat. Zwei Menschen kamen außerhalb der Synagoge ums Leben. Unklar ist bisher die Identität der Opfer. Am Donnerstag soll der deutsche Innenminister Seehofer über den Ermittlungsstand informieren.
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2.200 Zuseher

Twitch ist eine Plattform, auf der User Personen dabei zusehen können, wie sie live vor der Kamera zumeist Videospiele spielen. Sie gehört zum Onlinehandelsriesen Amazon. Das Unternehmen erklärte am Mittwoch, dass der Stream von fünf Personen gesehen wurde, als er live auf der Plattform ausgestrahlt wurde.

Twitch geht in einer Serie an Tweets auf die Veröffentlichung des Videos ein.

Das Video, das nach der Live-Wiedergabe zur Verfügung stand, wurde in der Folge von ungefähr 2.200 Menschen gesehen. Insgesamt war das Video laut Twitch ungefähr eine halbe Stunde lang online, bevor es gemeldet und dann entfernt wurde.

Das Video sei in keinen Empfehlungen oder dergleichen aufgetaucht, sondern habe die hohe Ansichtszahl primär durch externe Verlinkungen erreicht, erklärte das Unternehmen. Dem US-Fernsehnetzwerk NBC zufolge wurde die Aufnahme auf dem Messenger Telegram auf zehn Kanälen von "White Supremacists", also Anhänger der rassistischen Ideologie einer weißen Vorherrschaft, geteilt.

Nach Stunden entfernt

Neben der Plattform haben weitere große Unternehmen Stunden nach dem Anschlag auf die Synagoge das Livevideo der Tat von ihren Plattformen gelöscht. "Wir stehen in engem Kontakt miteinander und bleiben entschlossen, die Onlineverbreitung gewalttätiger und extremistischer Inhalte zu stören", erklärte die Gruppe "Global Internet Forum to Counter Terrorism" in den USA am Mittwoch.

Zu den Mitgliedern gehören Facebook, Google, Microsoft und Twitter. Um die Videos automatisch zu entfernen, wird die sogenannte "Hashing"-Technologie angewendet. Vereinfacht erklärt handelt es sich dabei um den Abgleich digitaler Fingerabdrücke eines Inhalts. Diese wurde nach dem Anschlag in Christchurch in Neuseeland im März eingesetzt. Jener Mann, der dort 50 Menschen tötete, dürfte den Täter in Deutschland inspiriert haben. Auch er filmte seine Tat und verbreitete sie online.

Trotz der Bestrebungen war das Video von Halle am Donnerstagvormittag in sozialen Medien durch eine einfache Suche weiterhin aufzufinden. (muz, Reuters, 10.10.2019)