Theresa Seitz (links) und Fatemeh Mohammadzadeh engagieren sich bei der Wiener Tafel.

Foto: Regine Hendrich

Vor 20 Jahren wurde die Wiener Tafel gegründet, um aussortierte, noch genießbare Lebensmittel statt zum Mistplatz zu Menschen zu bringen, die sie benötigen. Mittlerweile ist die Sozialorganisation ein hochprofessionelles Logistikunternehmen mit 16 hauptamtlich Arbeitenden und 400 Freiwilligen, 200 Warenspendern und rund 100 Sozialeinrichtungen (Tageszentren, Frauenhäuser, Flüchtlings-WGs), die beliefert werden.

Zudem macht die Wiener Tafel Fortbildungen an Schulen, Workshops zum Umgang mit Lebensmitteln, Bewusstseinsbildung. Und platzt am Standort in Wien-Simmering aus allen Nähten, weswegen am Grünmarkt am Stadtrand gerade das "Tafelhaus" renoviert und ausgebaut wird. Im kommenden Jahr soll die Tafel von dort aus zentral arbeiten. An Nachfrage mangelt es nicht – auch nicht am Engagement der Menschen.

Theresa Seitz (27), Ehrenamtskoordinatorin

"Geld ist sicher nicht mein Treiber. Ich habe ehrenamtlich begonnen und koordiniere jetzt hauptamtlich unsere 400 Freiwilligen. Eine NGO war immer mein Ziel. Es ist mir hier so ans Herz gewachsen! Ich mache noch meinen Master in Sozialökonomie, gearbeitet habe ich aber immer, ich brauche das Praktische, das erdet mich, und es entstehen wunderbare Dinge. Kürzlich ist beispielsweise ein junger Mann von Jugend am Werk bei einem unserer Warenspender untergekommen.

Die Freiwilligen sind sehr unterschiedlich in Herkunft und Background, vom pensionierten Banker bis zum Geflüchteten. Die Motive sind ähnlich, die Leute sagen: Ich habe ein so gutes Leben auf der Butterseite, ich will etwas tun und zurückgeben, nicht die Hände in den Schoß legen. Der Zugang ist sehr niederschwellig, spezifische Kompetenzen sind nicht das Thema, es ist alles sehr praktisch orientiert, eher die Beständigkeit und die Regelmäßigkeit der Arbeit sind Herausforderungen – sonst ist das kaum zu koordinieren.

Das gefällt mir auch besonders, ich bin einfach nah dran, nicht irgendwo abgespact. Ich gehe am Abend nach Hause und weiß, was ich gemacht habe. Die Vielfältigkeit an Menschen ist das Schöne. Und dann natürlich der Kontakt zu unseren Sozialeinrichtungen, die Gespräche. Ob die Welt zu retten ist? Ja – hier rundherum sicher!"

Fatemeh Mohammadzadeh (30), Freiwillige am Grünmarkt

"Ich stehe um sechs Uhr auf und fahre um sieben los und bin um acht am Grünmarkt. Meistens drei Tage in der Woche, manchmal auch öfter und am Wochenende. Wenn ich am Abend nach Hause komme, dann bin ich glücklich und nicht müde, dann habe ich das Gefühl, dass ich einen tollen Job gemacht habe. Einen ehrenamtlichen Job macht man für ein gutes Gefühl. Gefunden habe ich die Wiener Tafel über das Internet, und dann war ich bei einem Infoabend. Am Grünmarkt sortiere ich Früchte, Gemüse, Milchprodukte.

Ja, da gehen sehr viele Kilos durch meine Hände! Bei den frischen Produkten ist das Mindesthaltbarkeitsdatum ein großes Thema – viele Menschen glauben ja, dass die Lebensmittel ab dann nicht mehr verzehrbar sind, aber das stimmt ja nicht. Da kann ich viel Gutes tun für die Umwelt, für Menschen, die kein Geld haben, sich Lebensmittel zu kaufen.

Man kann im kleinen Rahmen sehr viel möglich machen. Ich war am Anfang eher schüchtern. Aber ich habe mich sehr gut eingelebt, so viele nette Leute kennengelernt und viel über die österreichische Kultur gelernt, mein Deutsch gut verbessert und auch mein Selbstbewusstsein. Ich habe einen Bachelorabschluss in Buchhaltung und möchte gerne bald mein Studierendenvisum zu einem Arbeitsvisum wechseln." (Karin Bauer, 14.10.2019)