"ZiB 2"-Anchor Armin Wolf – hier in André Hellers Interviewreihe "Menschenkinder" für ORF 3 – ist europäischer Journalist des Jahres.

Foto: ORF/Dor Film

Ohne Harald Vilimsky würde Armin Wolf hier nicht stehen. Und der FPÖ-Generalsekretär ist Freitagabend mit Armin Wolf auf der Bühne des Prix Europa in Potsdam – aber nur als Videoclip aus dem denkwürdigen TV-Interview in der ZiB 2 im April 2019.

"Das ist etwas, das nicht ohne Folgen bleiben kann", raunte Vilimsky auf Wolfs Fragen nach rechtsextremen "Einzelfällen" in der FPÖ. Er sah sie in die Nähe des Nationalsozialismus gerückt. Die Freiheitlichen waren im April noch in der Regierung mit der ÖVP, die ein neues ORF-Gesetz plante und die GIS-Gebühr hinterfragte.

"Nicht einzuschüchtern"

"Das Interview hatte Konsequenzen", sagt Wolf – den Preis als Europäischer Journalist des Jahres, nach Laurent Richard (Forbidden Stories), dem türkischen Publizisten Can Dündar, BBC-Legende Sir David Attenborough, Produzentin Regina Ziegler.

Der ORF-Anchorman stehe für "den Dialog mit den Mächtigen", lasse sich "nicht einschüchtern von Drohungen und Kritik", erklärte Cilla Benkö, Präsidentin des Prix Europa und Intendantin von Sveriges Radio, die Juryentscheidung. Er stehe für den Dialog mit dem Publikum – über Twitter erreicht er 430.000 Follower.

"Fundamentaler Gegensatz"

Populistische Bewegungen wie die FPÖ lägen gar nicht so falsch damit, dass ihnen seriöse Medien mit Skepsis begegnen, sagt Wolf: "In der Tat gibt es einen fundamentalen Gegensatz zwischen populistischer Politik und seriösem Journalismus." Mit Fakten und Argumenten würden sich seriöse Journalisten an die Vernunft ihres Publikums wenden, um der Öffentlichkeit eine Faktenbasis für demokratischen Diskurs zu liefern. "Populistische Politiker – und Boulevardjournalisten – appellieren aber in erster Linie an die Gefühle ihres Publikums, und sehr oft an Vorurteil und Ressentiment. Man könnte Populismus als Boulevardpolitik beschreiben."

Blaue Träume auf Ibiza

Populistische Politiker versuchen mit eigenen (sozialen) Medien, professionelle Journalisten links liegenzulassen. Kommen sie an die Macht, gehe es um Kontrolle einflussreicher Medien "wie man, erschreckend, in Ungarn beobachten kann, oder in Österreich am Versuch, die Rundfunkgebühren abzuschaffen". Von einer "Medienlandschaft, wie sie Viktor Orbán hat", träumte Heinz-Christian Strache 2017 auf Ibiza, erinnert Wolf. Journalisten nannte Strache "größte Huren des Planeten".

Trump und die Wahrheit

Auch solche Attacken seien populistische Strategie, verweist Wolf etwa auf "Lügenpresse"-Vorwürfe. Doch keiner übertreffe da US-Präsident Donald Trump. Laut Washington Post sagte er im Amt bisher mehr als 12.000-mal nicht die Wahrheit – und er desavouiert Medien als falsch, korrupt, verrückt und "Feinde des Volkes". "Das ist eine Dauerattacke auf unseren Beruf, auf die Fakten, die wir berichten. Auf Fakten, die eine Demokratie für vernünftigen öffentlichen Diskurs braucht. Wenn Sie Wahrheit von Lüge nicht mehr unterscheiden können, ist sinnvolles Gespräch unmöglich."

Die Strategie gehe auf: Laut Umfragen glaubten 82 Prozent der republikanischen Wähler Trump mehr als Medien: "Ich finde das extrem alarmierend."

Professionell arbeiten

Was können Journalisten da tun? "Unsere Arbeit, so professionell, sorgfältig, verlässlich und fair, wie wir können. Und unserem Publikum erklären, wie wir arbeiten und warum das wichtig ist. Wir müssen transparent mit unseren Fehlern umgehen. Und unserem Publikum unvoreingenommen zuhören." (red, 11.10.2019)