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Donald Trump legt den Untersuchungen der Demokraten Steine in den Weg.

Foto: Reuters / Jonathan Ernst

Frage: US-Präsident Donald Trump verweigert inzwischen jede Kooperation bei den Ermittlungen für ein Amtsenthebungsverfahren. Was bezweckt er damit?

Antwort: Trump will den Ermittlungen des Kongresses die Legitimität absprechen, deshalb lässt er seinen Rechtsberater Pat Cipollone von verfassungswidrigen Untersuchungen sprechen. Wie bereits im Fall Robert Muellers, des Sonderermittlers der Russland-Akte, geht es ihm vor allem darum, seine Anhänger zu mobilisieren und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Erneut versucht er den Eindruck zu erwecken, als sei der "tiefe Staat" hinter ihm her, in seiner Skizze eine unheilige Allianz, zu der sich die Demokraten mit Geheimdienstlern, Teilen des FBI und sonstigen im Hintergrund wirkenden Bürokraten zusammengeschlossen haben. Die These vom tiefverwurzelten "deep state", der ihn, den Rebellen, aus dem Amt jagen möchte, spielt in Trumps Kalkül eine zentrale Rolle, wenn er die Nachforschungen der Opposition blockiert.

Frage: Kommt er damit durch?

Antwort: Nein. Die amerikanische Verfassung spricht dem Repräsentantenhaus ohne Abstriche das Recht zu, ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten. Es gibt keinen Passus, der dem Präsidenten das Recht gäbe, es zu behindern oder es gar für ungültig zu erklären. Führende Verfassungsrechtler sind daher der Meinung, dass Trumps Blockadetaktik juristisch auf so schwachen Füßen steht, dass er sie auf Dauer nicht durchhalten kann. Offenbar geht es ihm darum, erst einmal Zeit zu gewinnen.

Frage: Wie wird sich das praktisch auswirken?

Antwort: Die Demokraten können Zeugen, die sie vernehmen möchten, rechtsverbindlich vorladen. Erscheinen diese nicht, bleibt ihnen nur der Gang vor Gericht: Wer sich verweigert, kann wegen Missachtung des Parlaments belangt werden. In aller Regel hat zunächst das Justizressort zu entscheiden, ob Klage erhoben wird. Geleitet wird es von William Barr, einem Trump bislang treu ergebenen Juristen, der dem Präsidenten kaum in die Parade fahren dürfte. Theoretisch hat der Kongress auch die Möglichkeit, kooperationsunwillige Zeugen ins Gefängnis zu sperren. Dies ist allerdings seit den 1930er-Jahren nicht mehr praktiziert worden.

Frage: Wann wird die Abgeordnetenkammer über ein Impeachment abstimmen?

Antwort: Das weiß seriös niemand zu sagen. Ursprünglich hatten die Demokraten ein Votum noch vor dem Thanksgiving-Fest Ende November angepeilt. Die Bremsmanöver Trumps könnten den Zeitplan kippen.

Frage: Wie ginge es nach der Abstimmung weiter?

Antwort: Dann ist der Senat an der Reihe. Wie bei einer Gerichtsverhandlung haben die 100 Senatoren die Rolle von Geschworenen zu spielen, die von Schuld oder Unschuld des Angeklagten überzeugt werden müssen. Nur wenn 67 von ihnen einem Impeachment zustimmen, muss der Präsident seinen Posten räumen. Letztlich ist es eine politische Entscheidung. Solange Trump die republikanische Parteibasis hinter sich hat, ist kaum zu erwarten, dass sich republikanische Senatoren in großer Zahl von ihm abwenden.

Frage: Warum nicht? Ist es nicht auch für sie eine Frage des Gewissens?

Antwort: Solange die Basis zu Trump hält, müssen sie befürchten, dass diese Basis bei den nächsten parteiinternen Vorwahlen Gegenkandidaten ins Rennen schickt, die jeden herausfordern, der es wagt, aus der Phalanx auszuscheren. Im Frühjahr 2020 steht die nächste Serie solcher Primaries an. Konservative Politiker, die auf Distanz zu Trump gehen, müssen folglich um ihre Mandate bangen – falls Trump das Prozedere bis dahin übersteht.

Frage: Zur Erinnerung: Worauf beruht die derzeitige Vorbereitung des Amtsenthebungsverfahrens?

Antwort: Trump hat seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj am 25. Juli am Telefon gebeten, gegen Joe Biden und dessen Sohn Hunter ermitteln zu lassen. Dabei äußerte er den Verdacht, Biden senior habe seine Macht als Vizepräsident missbraucht, um ein in der Ukraine angelaufenes Korruptionsverfahren gegen den dort geschäftlich tätigen Junior zu stoppen. Da Trump zumindest zu dem Zeitpunkt in Biden den Hauptrivalen des Wahlduells 2020 sah, versuchte er mithilfe Kiews kompromittierendes Material gegen ihn zu sammeln. Nach US-Gesetzen darf ein Amerikaner aber keine ausländische Hilfe annehmen, um sich bei einem Votum im eigenen Land Vorteile zu verschaffen.

Frage: Hat Trump tatsächlich versucht, die Ukraine durch das Zurückhalten von Militärhilfe zu erpressen?

Antwort: Die Mitschrift des Gesprächs mit Selenskyj liefert dafür keinen direkten Beleg. Nur: Trump hat seinen Stabschef Mick Mulvaney eine Woche vor dem Telefonat angewiesen, 391 Millionen Dollar Militärhilfe für Kiew zurückzuhalten, nachdem die Legislative das Paket bereits genehmigt hatte. Selenskyj dürfte genau gewusst haben, welche Druckmittel Trump in der Hand hatte, ohne dass es explizit angesprochen werden musste. Der ukrainische Präsident sagt hingegen, es habe keinen Druck vonseiten Trumps gegeben.

Der Kongress sucht nun Beweise, die eine Verknüpfung genauer belegen: Freigabe von Militärhilfe oder auch grünes Licht für einen Staatsbesuch Selenskyjs in Washington gegen Entgegenkommen in der Causa Biden. Einer, der Auskunft geben könnte, ist Gordon Sondland, Amerikas EU-Botschafter, der sich auch um die Beziehungen zur Regierung der Ukraine kümmerte, obwohl das Land kein EU-Mitglied ist. Ein anderer ist Rudy Giuliani, der persönliche Anwalt Trumps, der lange vor besagtem Telefonat Kontakte zur Ukraine aufgenommen hatte. Sondland, einst Gründer einer Hotelkette, wurde kurz vor seinem geplanten Auftritt vom Weißen Haus zurückgepfiffen. Giuliani hat deutlich gemacht, dass er jegliche Zusammenarbeit mit dem Parlament ablehnt. (Frank Herrmann, red, 10.10.2019)