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Süßer der Herr des Weißen Hauses nie zwitscherte: Donald Trump auf den Spuren großer Dadasophen wie Raoul Hausmann und Wladimir Iljitsch Lenin.

Foto: Reuters

Donald Trump ist, man weiß es wohl, um eigenwillige Begründungen für sein der Tendenz nach sinnbefreites Handeln nicht verlegen. Die türkischen Panzer hatten noch gar nicht die Ketten aufgezogen, auf denen sie nach Nordsyrien rollen würden – da räumte der 45. Präsident der Vereinigten Staaten via Twitter bereits ein, die türkische Wirtschaft bei Bedarf "komplett zerstören" zu wollen.

Die Türken sollten nicht so dumm sein zu glauben, sie könnten etwas tun, was ihm, Trump, in seiner "großen und unübertroffenen Weisheit" gegen den Strich geht. Man beginnt allmählich zu verstehen: Die Frage, ob der definitiv mächtigste Mann der Welt eine Meise hat, ist schon deshalb obsolet, weil Trump ohnehin nichts lieber tut, als zu zwitschern. Wer jemals im Wald gestanden ist und freiwillig der Kakophonie der Vögel gelauscht hat, der wird sich am Klopfen der Spechte und am Geschrei der Häher rasch satt gehört haben.

Nun hat der Welt launigster Zwitscherant aber eine ultimativ gültige Weisheitsprobe zum Besten gegeben. Die scheint dazu angetan, selbst hartnäckigen Followern von Trumps Vogellärm umgehend das Gelege aus dem Nest zu werfen. Um den Verrat an den Kurden mit etwas zu bemänteln, was man sich scheut, ein Argument zu nennen, zeigt Trump glasklar auf, was die Vertreter dieses Volksstamms sich haben zuschulden kommen lassen.

Was war in der Normandie?

Die Kurden hätten ohnehin nur aus Eigeninteresse gegen den "Islamischen Staat" (IS) gekämpft, stellte Trump übellaunig fest. Noch schwerer aber wiegt für ihn: "Sie haben uns nicht im Zweiten Weltkrieg geholfen, sie haben uns nicht mit der Normandie geholfen." Man will sich gar nicht ausmalen, wer noch aller in der Normandie damals, in den Morgenstunden des 6. Juni 1944, "nicht geholfen" hat: die Reisbauern in Laos, die peruanischen Anden-Lamas, die grönländischen Walfänger, die Vogelfänger von Madagaskar…

Aber lassen wir das ganze unamerikanische Gesindel aus dem Spiel. An Trump, dem süßen Vogel Weisheit, ist jedenfalls ein Lehrmeister der Dadasophie verlorengegangen. In ihm kulminieren die schönsten Hoffnungen des blühenden höheren Unsinns, den die Dadaisten anno 1916 von Zürich aus in die Welt hinausposaunten. Aber Achtung: Das Modell des Politikers Donald Trump besitzt Vorläufer. So soll schon der Ober-Bolschewik Lenin, in seiner Eigenschaft als Terror-Administrator ein verdienter Mörder der Massen, ein verkappter Dadaist gewesen sein. (Ronald Pohl, 11.10.2019)