Sind im Autohandel in St. Pölten aufgewachsen und kämpfen nebenbei in der Wirtschaftskammer gegen die Übermacht der Automobilindustrie: Josef Schirak (re.), der Doyen des Fahrzeughandels, und sein Sohn Werner.

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Josef Schirak ist Autohändler und vertritt die Branche seit 40 Jahren in der Wirtschaftskammer. Ihm und seinem Sohn Werner machen Pläne der Industrie für E-Auto-Quoten und die engen Margen zu schaffen. Und natürlich der Dauerbrenner NoVA.

STANDARD: Nennen Sie mir drei Gründe, warum ich ein Auto bei Ihnen kaufen soll, während die Hersteller beim Direktkauf großzügige Rabatte gewähren und ich online meinen Pkw auch noch individuell konfigurieren kann?

Werner Schirak: Weil Sie beim Händler bessere Dienstleistungen in Service und Wartung bekommen. Wir punkten mit der Dienstleistung, wollen und können nicht der "billige Jakob" sein, darauf trainieren wir unsere Mitarbeiter. Im Fall eines Unfalls zum Beispiel erledigen wir alles mit Versicherung und Reparatur – außer die Verschuldensfrage natürlich. Das kostet nichts extra, und unser Kunde bekommt gratis einen Leihwagen.

STANDARD: Es gibt also eine Zweiklassengesellschaft bei Ihnen?

Das Internet schafft kein Vertrauen und keine Kundenbindung. Aber den Herrn Schirak, den gibt's wirklich, sagt Händler Werner Schirak.
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Werner Schirak: Nein, keineswegs. Der Fremdkunde bekommt keinen schlechteren Service, keinen schlechteren Techniker, und er wird auch nicht weniger freundlich bedient. Aber wir müssen ihm Extras wie das Taxi ins Zentrum oder den Leihwagen verrechnen. Unsere Hersteller wollen natürlich keine Unterscheidung zwischen den Autokäufern. Aber wir kennen unsere Kunden persönlich, und wir betreuen sie auch individuell und persönlich.

STANDARD: Der Onlinehandel lässt den stationären Handel erodieren, in der Bekleidungsbranche häufen sich die Pleiten. Nehmen Sie das Internet nicht als Bedrohung wahr?

Werner Schirak: Anders als bei Gebrauchtwagen ist das Internet bei Neuwagen tatsächlich wenig Konkurrenz, insbesondere weil das Auto noch immer eine der größten Einzelanschaffungen der Menschen ist. Da will man den Verkäufer kennen. Das Web ist uns natürlich nicht egal, aber es schafft kein Vertrauen und keine Kundenbindung. Aber den Herrn Schirak gibt's wirklich! Jede Beschwerde kommt auf meinen Tisch, und ich rufe persönlich zurück.

Josef Schirak: Ein Teil des Geschäfts geht längst an den Händlern vorbei, Großabnehmer bekommen an Rabatt das Dreifache der Händlerspanne. Das ist unfair, denn diese Großabnehmer müssen keine Investitionen in die jeweilige Marke tätigen. Es gibt hunderterlei Sonderkonditionen.

STANDARD: Die Vorgaben und Ansprüche der Hersteller steigen ständig, in der Branche ist von Knebelverträgen die Rede ...

Werner Schirak: Es wird uns Händlern tatsächlich viel vorgeschrieben, das massiven Mehraufwand darstellt. Wir brauchen für jede unserer Automarken eine eigene Auslage und Ausstattung im Schauraum, Design und Material sind bis ins Detail vorgegeben, selbst wo wir alles kaufen müssen und der Preis. Den Kunden interessiert das zwar nicht, aber es wird alles vorgeschrieben, von der Farbe der Bodenfliesen über die Beleuchtung bis hin zum Design der Sitzmöbel. Das schafft keinen Mehrwert, aber für uns sind das enorme Investitionen und Kosten.

Die Berechnung der Normverbrauchsabgabe ist mittlerweile eine eigene Wissenschaft. Alles, was die NoVA ersetzt, ist gut, sagt .Josef Schirak.
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Josef Schirak: Unser Geld ausgeben, da gibt es keine Grenzen. Eine gewisse Abhängigkeit hat es immer gegeben, aber jetzt nimmt das ein Ausmaß an, das gefährlich ist. Kaufmännisch verantwortlich bleibt ja der Händler.

STANDARD: Die Hersteller ziehen die Daumenschrauben an. Von messerklingendünnen Margen ist die Rede, von Dieselquoten beim Absatz, und neuerdings soll sogar verordnet werden, wie viele Elektroautos verkauft werden müssen ...

Josef Schirak: Das ist der große Unfug! Wir verkaufen sowieso jedes Auto, das möglich ist. Wenn der Diesel nicht nachgefragt wird, können wir keinen verkaufen. Wir haben den Dieselskandal nicht verursacht.

Werner Schirak: Die Einseitigkeit der Händlerverträge ist das Problem, selbst die Handelsspanne ist einseitig änderbar. Die Verpflichtung des Herstellers ist auf vier Zeilen festgehalten, das Pflichtenheft des Händlers hingegen ist umfangreich wie nie. Als Obmann des Händlerverbands weiß ich, was sich abspielt. Wer nicht spurt, kann seine Automarke verlieren, wie bei Peugeot schon passiert. Neuerdings sind uns Selbstaudits vorgeschrieben, mit Fotos und Listen. Wir müssen bei jedem Fahrzeug, das in die Werkstatt kommt, "Gesundheitschecks" machen, selbst wenn nur die Leuchte im Blinker kaputt ist. Jede Woche wollen sie Listen an den Importeur, wie viele Schauraumbesucher da waren, wie viele in der Werkstätte und wie viele Probefahrten stattfanden.

Josef Schirak: Das Schlimmste ist: Siebzig Prozent dieser Listen landen in der Rundablage! Für die Hersteller spielt der Kunde schon lang keine Rolle mehr.

STANDARD: Stichwort E-Autos: Werden dem Autohandel tatsächlich Mindestquoten an Elektroautos vorgeschrieben, die verkauft werden müssen?

Josef Schirak: Wenn Elektroautos nicht gravierend billiger werden, wird das nichts. Ein E-Golf kostet in der billigsten Version 40.000 Euro, und ein normaler Golf kostet 20.000 Euro. Die Masse kann sich Elektroautos gar nicht leisten.

Werner Schirak: Der Wiederverkauf des E-Autos ist auch noch ein Thema, weil keiner weiß, wie viel man beim Weiterverkauf für sein altes Elektroauto in ein paar Jahren noch bekommt.

STANDARD: Wie lang lohnt es sich unter diesen Bedingungen noch, Autohändler zu sein? Die Digitalisierung der Fahrzeuge verändert das Geschäft rasant, deutsche Autobauer stimmen die Branche auf weniger Ertrag im Service ein.

Werner Schirak: Um die Werkstättenauslastung braucht man sich nicht zu sorgen, die wird durch die Digitalisierung und Elektrifizierung massiv steigen. Mit einem Pfuscher kann man bei modernen Autos schon lang nichts mehr machen. Unsere Zukunft ist die Dienstleistung rund ums Auto und der Service.

STANDARD: Laut Herstellern ist der Serviceaufwand beim E-Auto nur halb so groß wie beim Verbrenner. Beim Privatkunden würden Händler beim Neuwagenverkauf nichts mehr verdienen ...

Werner Schirak: Die Werkstättenauslastung wird steigen. Ein großer Range Rover hat 20 und mehr PCs eingebaut, und der Testcomputer findet nur 50 Prozent der Fehler. Den Rest müssen unsere Mechaniker aufspüren. Die Mechaniker der Zukunft werden Software- und Diplomingenieure sein ...

STANDARD: ... und viel mehr kosten als jetzt. Können Sie Ihren Kindern noch guten Gewissens empfehlen, hier im Familienbetrieb zu arbeiten?

Werner Schirak: Sie werden lachen. Aber ich habe meinen Kindern nicht empfohlen, in den elterlichen Betrieb einzusteigen. Schon gar nicht aus Bequemlichkeit. Aber mein Sohn hat sich dafür entschieden, ihm obliegt die Verkaufsleitung aller Marken. Und die Tochter hat Marketing studiert und wechselt jetzt von einer Agentur hierher. Wir wissen nicht, was in zehn Jahren im Autohandel sein wird. Aber es reizt sie, beide sind in dem Metier aufgewachsen.

STANDARD: Der Motorisierungsgrad in Österreich ist mit 555 Pkws pro tausend Einwohner einer der höchsten in der EU, und die Fahrzeugflotte ist mit neun Jahren um zwei jünger als im EU-Schnitt. Ist der Markt bald gesättigt?

Werner Schirak: Das glaube ich nicht. Es gibt pro Jahr rund 300.000 Pkw-Verkäufe in Österreich, daran wird sich so bald nicht viel ändern.

STANDARD: Die Tageszulassungensteigen bei einigen Marken massiv. Welches Ziel verfolgen die Hersteller und Importeure damit?

Werner Schirak: Zunächst senkt es für den Kunden die Anschaffungskosten, weil mehr Vorführ- und Gebrauchtwagen im Umlauf sind. Gemacht werden diese Zulassungen aber hauptsächlich, um die Zulassungsstatistik zu schönen, und in der Konzernzentrale freut man sich dann, wie toll man nicht ist. Der Druck auf den Handel steigt dadurch natürlich, denn mit jedem Auto wächst unser Umlaufvermögen und damit die Abhängigkeit von den Banken. Aus Sicht des Herstellers muss das Umlaufvermögen so groß sein, dass die Hausbank das Risiko nicht mehr eingeht. Das treibt die Händler zu den Autobanken und erhöht die Abhängigkeit von den Herstellern, weil in der Autobank die Zinsen extrem hoch sind.

STANDARD: Im Wahlkampf waren CO2-Steuer und Normverbrauchsabgabe ein großes Streitthema. Wäre eine Abschaffung der NoVA ungerecht, weil dadurch Besitzer teurer und spritschluckender SUVs bevorzugt würden?

Josef Schirak: Die NoVA-Berechnung ist mittlerweile eine eigene Wissenschaft. Alles, was die NoVA ersetzt, ist gut. (Luise Ungerboeck, 13.10.2019)