Auch dieser junge Mann fragt sich vielleicht, wie er sich Handke am besten annähern könnte.

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1: Man kann jedes Peter-Handke-Buch auf einer beliebigen Seite aufschlagen und wird keinen Satz finden, der nicht von vollendeter Klarheit ist. Die Prosa dieses Autors ist, indem sie auf die bannende Kraft einfacher Wörter wie "Gehen", "keines-Vaters-Kind" oder "Frühäpfel" vertraut, erquickend wie Gebirgswasser.

2: Die Handke-Anfängerin sollte sich dem Sog früher Erzählungen aussetzen. Ein Buch wie Die Stunde der wahren Empfindung (1974) führt mitten hinein ins Herz einer Verstörung, die junge Menschen davon (alb)träumen lässt, "ein Mörder geworden zu sein". Wie aber weiterleben, als ob nichts geschehen wäre?

3: Dem Spaziergänger Handke über die Schulter blickt man bei der Lektüre seiner Journale. Wälzer wie Am Felsfenster morgens (und andere Ortszeiten 1982–1987) enthalten Ortserkundungen. Handke ist Romantiker: Die Welt erschließt sich ihm durch unendliche Reflexion.

4: Ist man mit dem spröden, schönen Handke-Terrain erst besser vertraut, kann man sich in eine seiner weiträumigen Prosalandschaften hinauswagen. In Mein Jahr in der Niemandsbucht (1994) führt uns Handke zu den Quellgründen seiner Poesie. Begriffe wie "Handlung" werden nebensächlich.

5: Handke für Genießer: Diese wählen den Versuch über die Jukebox (1990). Dem Erzähler wird die Welt so durchlässig, dass er über das Schreiben schreibt. Das Ziel: Der Leser möge sich von der Sonne beschienen fühlen, "auch wenn diese gar nicht scheint". Tatsächlich bemächtigen sich seiner Wonnegefühle.

6: Völlig übersehen wird zumeist Peter Handkes Sinn für Humor. In dem "Königsdrama" Zurüstungen für die Unsterblichkeit (1997) steht ein Haufen von Outlaws vor den Überresten unserer Zivilisation. Dem Wahlkönig Pablo entfährt der denkwürdige Doppelvers: "Lecke Portale / Leckt mich alle!" (Ronald Pohl, 12.10.19)