Kein Schnäppchen: Der Jö Bonusclub.

Foto: STANDARD / Riegler

Eines muss man dem Jö-Bonusclub lassen: Erfolgreich ist er. Mehr als 3,4 Millionen Österreicherinnen und Österreicher nutzen mittlerweile die übergreifende Kundenkarte für die Geschäfte des Rewe-Konzerns. Und das gerade einmal wenige Monate nach dessen Start. Gleichzeitig will aber die Kritik nicht verstummen. Neben grundsätzlichen Bedenken von Konsumentenschützern zeigen sich auch viele Jö-Kunden verärgert und machen dabei nicht zuletzt in Online-Foren – unter anderem auch bei derStandard.at – ihrem Unmut Luft.

Verwirrung

Eine oft geäußerte Kritik: Die verschiedenen Bonus- und Punktesystem seien für jene, die nicht viel Zeit investieren, kaum durchschaubar. Noch relativ einfach ist dabei die Sammlung der "Ös", von denen 100 Stück einem Preisnachlass von 1 Euro gleichkommen. Schwieriger wird es dann schon beim "Rabattsammler", bei dem es zehn, fünfzehn oder zwanzig Prozent Nachlass auf einen einzelnen Einkauf gibt. Wie viel man hier bekommt, hängt davon ab, wie hoch die gesammelten Punkte im Vormonat waren – ein Wert der so aber nicht auf der Rechnung steht, dort wird lediglich der Gesamtpunktestand ausgewiesen. In einer Stellungnahme gegenüber dem STANDARD sieht ein Sprecher des Jö Bonusclubs die Verantwortung dafür bei anderen: Man selbst sei ja nur ein Kundenbindungsprogramm- Was die jeweiligen Partner auf ihre Kassenzettel schreiben, obliegt ausschließlich diesen selbst.

Zudem gilt der "Rabattsammler" nur für wenige ausgewählte Unternehmen, konkret Billa, Bipa und Merkur. Die restlichen Jö-Partner nehmen daran nicht teil. Stattdessen gibt es Kuponhefte oder Aktionen in der zugehörigen App, die aber wiederum mit viel Kleingedrucktem und Zeitabläufen versehen sind. Dies sorgt wiederum oft für Diskussionen und Ärger an der Kassa, wenn sich Kunden irregeführt fühlen. Das Kassenpersonal kann dabei übrigens nicht helfen, weil sie gar nicht einsehen können, wie es mit dem Zugriff auf einzelne Aktionsangebote aussieht.

Versteckte Werbung

Doch Konsumentenschützer legen hier noch eine viel grundlegendere Kritik an, warnen sie doch seit Jahren vor solchen Rabattprogrammen. In Wirklichkeit handle es sich auch beim Jö-Bonusclub um nichts anderes als eine versteckte Werbeaktion, formuliert es Walter Hager, Finanzexperte beim Verein für Konsumenteninformation (VKI), gegenüber dem Ö1-Konsumentenmagazin "Help". So sei es etwa eine übliche Praxis, dass vor solchen Aktionen der Preis eines Produkts künstlich hochgehalten werde, um dann eine Vergünstigung suggerieren zu können.

Dem will Ulrike Kittinger, Geschäftsführerin des Jö-Bonusclub, gar nicht direkt widersprechen. Der Bonusclub sei allerdings generell kein "Pricing Tool", wie sie es formuliert. Die konkreten Rabatte lägen nämlich ausschließlich in der Verantwortung der einzelnen Partnerunternehmen. Insofern habe man hier auch direkt gar keine Einfluss auf die Preisgestaltung, reicht sie die Verantwortung weiter.

Privatsphäre verkauft?

Die Konsumentenschützer sehen bei solchen Bonusprogrammen aber noch ein weiteres Problem – und zwar ein prinzipielles. Vielen Kunden sei nicht klar, dass sie damit dem Anbieter einen umfassenden Einblick in ihr Kaufverhalten bieten. Dieser könne dank der gesammelten Daten minutiös nachverfolgen, wer wann was wo gekauft hat. Auf Basis dieser Informationen können dann umfassende Profile erstellt werden, die zahlreiche private Details über die einzelnen Personen verraten. Die Zustimmung dafür haben sie sich von den Kunden bei deren Zutritt zum Bonusprogramm eingeholt.

Von Seiten des Jö Bonusclubs heißt es dazu, dass man "die Einkaufsdaten der Partnerunternehmen zur Verfügung gestellt (bekommt) und (...) auf Basis dieser entsprechende Analysen (erstellt)". Allerdings ist es dem Unternehmen wichtig zu betonen, dass man kein Datenhändler sei, also auch keine Daten an Dritte weiterverkauft. Zudem würden auch zwischen den einzelnen Partnerunternehmen keine Daten ausgetauscht.

Ausblick

Wohin die Reise in der Branche langfristig gehen soll, ist trotzdem kein sonderliches Geheimnis – auch wenn sich die betreffenden Unternehmen zu diese Frage üblicherweise nicht äußern wollen. Durch umfassende Datensammlungen, will man den diesbezüglichen Nachteil gegenüber dem Online-Handel beseitigen. So könnte dann künftig auch im Supermarkt um die Ecke das viel kritisierte "Dynamic Pricing" einsetzen, bei dem dasselbe Produkt zu verschiedenen Tageszeiten unterschiedlich viel kostet – oder überhaupt gleich an einzelne Personen angepasst werden. Dem Jö Bonusclub ist es an dieser Stelle wichtig zu betonen, dass diese Entwicklung zwar im Raum stehe, aber nichts mit dem eigenen Bonusprogramm zu tun hat. Da die Kassensysteme in Verantwortung der eigenen Partner bleiben, wären die eigenen Leistungen gar kein taugliches Tool, für solche eine dynamische Preisgestaltung.

Ratschlag: Abmelden

Der Ratschlag der Experten trotz all dieser Beteuerungen eindeutig aus: "Wer Wert auf seine Privatsphäre legt, sollte dem Club nicht beitreten ihn kündigen", hieß es schon vor einigen Wochen in einer Stellungnahme des VK. Ein Ratschlag, der bisher aber ungehört zu verhallen scheint, wie der Erfolg des Jö-Bonusclubs verdeutlicht. Das subjektive Gefühl, ein Schnäppchen zu ergattern, übertrifft hier sämtliche Datenschutzbedenken – selbst wenn das Schnäppchen bei näherer Betrachtung gar keines ist. (red, 13.10.2019)