Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann kritisiert EZB-Präsident Mario Draghi und rechtfertigt seinen aufsehenerregenden OeNB-Start.

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Der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Robert Holzmann, hat sich am Sonntag erneut gegen die "falsche Geldpolitik" der Europäischen Zentralbank (EZB) unter Mario Draghi ausgesprochen. Mehr Liquidität in den Markt zu pumpen sei kontraproduktiv, das sei auch im EZB-Rat diskutiert worden. Dass er schon nach seiner ersten Teilnahme an einer EZB-Sitzung Kritik in Interviews geäußert habe, sei notwendig und "die einzige Möglichkeit gewesen, sich eine Stimme zu verschaffen", sagte der Notenbankchef am Sonntag in der ORF-Pressestunde.

Er sei ja nicht der Einzige aus dem EZB-Rat gewesen, der sich öffentlich kritisch geäußert habe. Und Holzmann ist sicher, dass EZB-Präsidentin Christine Lagarde (übernimmt Ende Oktober) auch "dissente" Stimmen im Rat hören und kalmieren werde.

Holzmann will EZB-Boot schütteln

Die derzeitige Niedrigzinspolitik sei jedenfalls nicht sinnvoll und habe "sehr, sehr negative ökonomische Effekte. Die negativen Zinsen müssen beseitigt werden. Das Geld zu verschenken führt nicht automatisch dazu, dass die Leute mehr konsumieren oder die Investitionen der Unternehmen steigen", so der OeNB-Chef. Er hoffe, dass die Zinswende vor dem Jahr 2025 kommen wird, wobei er sich schon bewusst sei, dass das "einigen Aufwands bedarf, aber vielleicht gelingt es mir". Er als von außen Kommender sei der Einzige, "der das Boot ein bisschen schütteln kann, denn die anderen haben diese Politik lange Jahre unterstützt".

Kritisch sieht Holzmann auch das Inflationsziel der EZB für die Eurozone (zwei Prozent; derzeit liegt die Rate bei einem Prozent). Die EZB werde den Diskurs ab Herbst führen, er selbst sei der Ansicht, man könne das der Wahrung der Preisstabilität dienende Inflationsziel bei 1,5 Prozent ansetzen.

"Ich habe richtig gehandelt"

Was seinen Start in der OeNB betrifft, in die Holzmann auf einem FPÖ-Ticket gekommen ist, gab sich der 70-Jährige entspannt. Er habe gewusst, dass es nicht immer einfach sein werde. Die Entscheidung, Personalchefin Susanna Konrad-El Ghazi zu kündigen und sofort mit dem Sicherheitsdienst aus dem Haus zu "begleiten", verteidigte er. Zwar könne er angesichts der laufenden Prüfung keine Details sagen, aber: "Ich habe richtig gehandelt und würde wieder so handeln."

Wie berichtet wirft Holzmann der Personalchefin vor, ihm Informationen bei der Dauerkarenzierung eines Mitarbeiters vorenthalten zu haben. Holzmann und sein Direktoriumskollege Eduard Schock (FPÖ) haben bei der Kündigung allein entschieden und den Betriebsrat erst informiert, als es so weit war. Dessen Siebentagesfrist zur Äußerung wurde nicht gewahrt. Holzmann sieht das laut seinen Darstellungen im ORF anders und behauptet, dass der Betriebsrat eine Stellungnahme abgegeben habe.

Dass es im Hintergrund auch Differenzen mit der Personalchefin wegen des Vertrags eines seiner engen Mitarbeiter gab, verneinte er. Das sei eine "Entlastungsoffensive". Er sei juristisch beraten, "ich musste so handeln".

Gouverneur beruft sich auf Experten

Wie aus der OeNB zu hören ist, beruft sich die Notenbankspitze dabei auf Arbeitsrechtsexperten, die Holzmanns Vorgehen für richtig halten. Demnach sei es nicht geboten gewesen, das gesamte vierköpfige Direktorium mit der Kündigung der Personalchefin zu befassen. Wie DER STANDARD berichtet hat, wären ja auch Vizegouverneur Gottfried Haber und Direktoriumsmitglied Thomas Steiner (beide ÖVP) an jenem Freitag, dem 27. September, im Haus gewesen.

Allenfalls könne die Kündigung noch einmal ausgesprochen werden; was aber bislang nicht getan wurde. Das sei in den Augen der OeNB-Spitzenmanager nicht nötig, weil die Personalchefin bis zum Ende der Prüfung ohnehin beurlaubt ist und damit keinen Zugriff auf Daten hat, wie es heißt.

Karenzierung und Pension

Inhaltlich ging es bei dem Rauswurf um die Dauerkarenzierung eines Notenbankers, der seit Jahren bei der EZB tätig ist. Seine Karenzierung wurde noch vom alten Direktorium verlängert, aber Holzmann musste den Vertrag noch unterschreiben.

Dass der Mitarbeiter im OeNB-Stand bleiben will, hat für ihn finanzielle Vorteile, wenn er dereinst in Pension geht. Gemäß dem Dienstrecht, in dem er 2003 angestellt wurde (DB 3), muss ihm die OeNB dann einen "Pensionskassenschlussbeitrag" zahlen, der ihm eine bestimmte Pensionshöhe garantiert. Für diese Beiträge muss die OeNB Rückstellungen in ihrer Bilanz bilden.

Und genau das soll der Streitpunkt zwischen Holzmann (Experte für Pensionssysteme) und Konrad-El Ghazi gewesen sein, in diesem Konnex habe er sich von ihr uninformiert gefühlt. Hätte er den Vertrag unterschrieben, wären ungerechtfertigte Kosten bzw. Rückstellungserfordernisse entstanden, soll Holzmanns Stoßrichtung lauten. Denn bei der Angelegenheit Dauerkarenzierung sei eine Frist versäumt worden.

Hoher OeNB-Zuschuss

Und die Notenbank soll Berechnungen eines Arbeitsrechtlers an der Hand haben, der davon ausgeht, dass die Summe, um die es da geht, bis zum Jahr 2022 rund 400.000 Euro betragen würde. Hochgerechnet aufs Jahr 2045 (da wäre der betroffene Notenbanker 68 Jahre alt) soll es um rund eine Million Euro gehen. Zu alldem ist kein Kommentar zu bekommen, beide Seiten verweisen auf das Prüfungsergebnis, das Ende Oktober vorliegen soll.

Was seine Beziehung zur FPÖ betrifft, sagte Holzmann am Sonntag übrigens Folgendes: "Ich kenne sie seit 30, 40 Jahren. Sie hat mich nominiert, weil ich internationale Erfahrung habe." Die Ereignisse der letzten Zeit hätten ihn "nicht glücklich" gemacht. (Renate Graber, 13.10.2019)