Horst Seehofer hat das Problem ausgemacht.

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Der Attentäter von Halle hat an den Motiven für seine Taten keinen Zweifel gelassen: Kurz bevor er sich zum Mord an zwei Personen aufmachte – und an jenem von vielen anderen scheiterte – filmte er sich selbst, und gab zu Protokoll, was ihn zu seinem Angriff gegen eine Synagoge gebracht hatte, und dabei stechen vor allem zwei Punkte heraus: Antisemitismus und Frauenhass. Die öffentliche Diskussion scheint sich thematisch nun aber einmal mehr in eine ganz andere Richtung zu drehen.

Gamer

Mit einem Interview in der ARD sorgt der deutsche Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) für Aufregung. Sieht er dort doch vor allem eine Reaktion auf die Anschläge von Halle geboten: Eine stärkere Überwachung von Computerspielern. "Viele der potenziellen Täter kommen aus der Gamer-Szene. Manche nehmen sich Simulationen geradezu zum Vorbild. Man muss genau hinschauen, ob es noch ein Computerspiel ist, eine Simulation – oder eine verdeckte Planung für einen Anschlag. Und deshalb müssen wir die Gamer-Szene stärker in den Blick nehmen", gibt Seehofer zu Protokoll.

Ablenkung?

Kritik an dieser Aussage folgte schnell. So wirft etwa Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei, Seehofer vor, verheerende Signale auszusenden. Anstatt nun scharf gegen Rechtsextremismus vorzugehen, würden die gängigen Nebelkerzen geworfen, um sich mit diesem Problemfeld ja nicht auseinandersetzen zu müssen. FDP-Politiker Konstantin Kuhle sieht sich gar an die Neunziger-Jahre und ihre Killerspieldebatte zurückerinnert. Ähnlich sieht das der Verband der deutschen Games-Branche, der Seehofer vorwirft, lieber Computerspieler unter Generalverdacht zu stellen, als die wahren Probleme anzugehen.

Auch der Deutsche Kulturrat wies die Äußerungen zurück. Diese verstellten die Sicht auf das wirkliche Problem. "Nicht Games, sondern der Rechtsextremismus ist das Problem", erklärte der Geschäftsführer des Spitzenverbands der Kulturverbände, Olaf Zimmermann.

Inkompetenz

Deutlicher wird dann noch der Youtuber Rezo, der der den deutschen Konservativen schon in den vergangenen Monaten wenig Freude bereitet hat. Seehofer belege mit seinem Statement, dass er "krass inkompetent" sei. Eigentlich sei dies eine Wiederholung der Reaktionen auf den Amoklauf in Erfurt, wo man schnell die Schuld bei Videospielen suchte anstatt sich mit den echten gesellschaftlichen Problemen dahinter zu beschäftigen.

Der Attentäter hatte seinen Anschlag gefilmt und die Aufnahmen auf der Gaming-Plattform Twitch live übertragen. Das Portal ist eigentlich dafür gedacht, dass Spieler anderen live zeigen, wie sie ein Videospiel spielen. Sein Twitch-Konto hatte der Rechtsextreme erst kurz vor dem Angriff eingerichtet. (red/APA, 13.10.2019)