Die Vorarlberger SpitzenkandidatInnen Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), Christof Bitschi (FPÖ), Johannes Rauch (Grüne), Martin Staudinger (SPÖ) und Sabine Scheffknecht (NEOS) am Sonntag im Bregenzer Landhaus.

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Peter Plaikner analysiert im Kommentar der anderen die möglichen Auswirkungen der vergangenen auf die kommenden Regionalwahlen in Österreich.

Markus Wallner ist bald acht Jahre Landeshauptmann und der aktuell zweitlängstdienende nach Tirols Günther Platter. Der Vorarlberger hat lediglich vier Vorgänger in der Zweiten Republik, die ihn an Amtszeit noch durchwegs übertreffen. Dass die plakatierte Umwandlung einer Landtags- zur Landes(hauptmann)wahl nicht so wie insgeheim erhofft gelungen ist, liegt weder an einem sinkenden Hang der Alemannen zur Kontinuität noch am Funktionsverständnis des westlichsten VP-Chefs. Unter den derzeitigen Kollegen wirkt Wallner ausgerechnet der SPÖ-Linke Peter Kaiser am ähnlichsten. Dessen mitunter sprödes Dienstleistungsverständnis erschien für das allzu lange von politischen Traumtänzern geführte Kärnten ursprünglich geradezu unwählbar neu. In Vorarlberg jedoch ist eine solch pragmatische Unterordnung die paradoxe Jobdescription zur Landesvaterwerdung.

Dauerspekulation Absolute

Die größte Gefährdung des Wahlsiegs lag seit Monaten in der Konzentration auf die Frage, wie hoch er denn ausfalle. Die Dauerspekulation mit der absoluten Mehrheit hat eine solche von Tirol bis Niederösterreich und Wien immer wieder vereitelt. Der dennoch beachtliche Wahlerfolg in Vorarlberg ist vor und trotz allem ein Triumph von Wallner, erst in zweiter Linie ein schwarzer Sieg und kaum durch bundesweit türkisen Rückenwind verursacht. Die ÖVP hat hier vor zwei Wochen unterdurchschnittlich abgeschnitten. Nur in Wien und Kärnten lag sie schlechter. Doch auch die FPÖ und ohnehin die SPÖ blieben unter ihren nationalen Prozentquoten. Die Grünen hingegen erzielten ihr zweitbestes Nationalratsergebnis nach Wien. Für die Neos lieferte Vorarlberg sogar den Bestwert, sodass die Sozialdemokraten sich letztlich sogar mit Rang fünf bescheiden mussten.

Dementsprechend untauglich ist die Abstimmung im nach Wien dichtestbesiedelten Bundesland mit drei Vierteln seiner Bevölkerung im quasi urbanen Rheintal als Richtungsweiser für die nächsten Landtagswahlen am 24. November in der Steiermark und am 26. Jänner im Burgenland. Allenfalls die anhaltende Abstrafung der FPÖ und die Stärkung der Grünen sogar als Juniorpartner sind auch nationale Winke mit zwei Zaunpfählen und wahrscheinlich regionalen Fortsetzungen. Da die Regierungsparteien insgesamt bestätigt wurden und zumindest zwei Drittel der Mandate erreichen, wirkt auch die deutlichste Signaloption nach Wien extrem unwahrscheinlich – eine andere Koalition in Bregenz. Eine solche wäre aber mit den deutlichen Wahlgewinnern Neos ohnehin logischer als mit der nur knapp über ihrem Tiefpunkt stagnierenden SPÖ.

Gewinne, Verluste und Farbtupfer

In der Steiermark und im Burgenland hingegen geht es für die Sozialdemokratie mit konträren Aussichten um die Verteidigung von Platz eins. Während dies im Grazer Landhaus als extrem unwahrscheinlich gilt, wirkt das in Eisenstadt als nahezu sicher. Da wie dort waren – im Gegensatz zu Vorarlberg – die Listen abseits des Parteiendreiecks ÖVP, SPÖ und FPÖ bisher kaum ein Thema. Die Grünen sind dort bloß mit drei beziehungsweise zwei Mandaten im 48- beziehungsweise 36-köpfigen Landtag vertreten, die Neos noch gar nicht. Zwei freie und ein Abgeordneter der Liste Burgenland sowie die beiden Mandatare der steirischen KPÖ sorgen dennoch für andere Farbtupfer. Während ÖVP und FPÖ bei der Nationalratswahl in beiden Bundesländern überdurchschnittlich abgeschnitten haben, ist dies der SPÖ nur im Burgenland – aber erstmals hinter der Volkspartei – gelungen.

Gegenüber 2017 haben jedoch nicht nur die Blauen da wie dort enorm verloren, sondern mussten auch die Roten deutliche Verluste hinnehmen. Schwarz/Türkis hingegen verzeichnete jeweils starken Aufwind; wie auch Grüne und Neos trotz ihres im Bundesvergleich immer noch unterdurchschnittlichen Abschneidens.

Diese Ergebnisse im Zusammenklang mit der aktuellen Standortbestimmung in Vorarlberg lassen unverändert einen Absturz der FPÖ und einen Rückgang der SPÖ bei den nächsten Landtagswahlen erwarten. Ebenso wahrscheinlich wirken deutliche Gewinne für ÖVP, Grüne und Neos.

In der Steiermark ist die spannendste Frage, ob diese erwarteten Zuwächse für eine tragfähige Alternative zur großen Koalition reichen, die vom schwarzen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer weiterhin bevorzugt und von seinem roten Vorgänger Franz Voves neuerdings abgelehnt wird. Ansonsten bleibt der Volkspartei dort nur die FPÖ als Partner – falls sich die Sozialdemokratie ihr wirklich verweigert. Vor einer ähnlichen Situation steht umgekehrt die SPÖ im Burgenland: Um nicht mit der FPÖ weiterregieren zu müssen, bleibt ihr wahrscheinlich nur die ÖVP.

Kurz' Koalitionssignal

Angesichts dieser Optionen kann jedes frühzeitige Signal für eine Koalition auf Bundesebene gegenmobilisierende Auswirkungen auf die nächsten Landtagswahlen haben. Allein schon deshalb wird Sebastian Kurz womöglich über den steirischen Termin hinaus sondieren und sich – falls nur irgendwie argumentierbar – nicht einmal vor der burgenländischen Entscheidung festlegen. Bloß der Wien-Wahl vermag er so wenig auszuweichen wie die Grünen, die ebenso nur sie fürchten müssen.

Innerhalb der ÖVP bestätigt die Vorarlberg-Wahl bloß den Status quo. Da Wallner ohne Absolute bleibt, sind die Schwarzen gegenüber den Türkisen so wenig gestärkt, wie die SPÖ in der Steiermark es ungeachtet ihres erklärten Abstands von der Bundespartei wirkt: Dort plakatieren die Sozialdemokraten ihren sehr ernst blickenden Spitzenkandidaten Michael Schickhofer ohne einen Hinweis auf sich und ihn als "Schichtwechsel". Noch sind sie dort die stärkste Partei im Landtag. (Peter Plaikner, 14.10.2019)