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Rudolph Giuliani gerät an der Seite Trumps in den Ukraine-Skandalsumpf.

Foto: ALEX WONG / GETTY IMAGES NORTH AMERICA / AFP

Geschmackssicherheit war nie Rudolph Giulianis Stärke. Als Dragqueen verkleidet ließ er sich 2001 samt fingerdickem Make-up und großzügig ausstaffierter Brust von einem blonden, sich selbst mimenden Societylöwen so derb umgarnen, dass sich dieser vor laufender Kamera eine Ohrfeige einfing. Fast zwei Jahrzehnte nach dem bizarren Slapstick für eine US-Comedysendung residiert der vermeintliche Kavalier als Präsident im Weißen Haus – und hat sein Schicksal mit jenem seiner damaligen Muse verknüpft.

Auch wenn zuletzt Risse in der Männerfreundschaft geortet wurden, gilt der heute 75-Jährige allen Vorwürfen zum Trotz als Donald Trumps wichtigster Vasall. Ganze 31 Mal nennt der Ukraine-Whistleblower Giulianis Namen. Dessen Laufbahn erscheint in diesem Licht wie eine Abwärtsspirale, an deren Beginn er Amerikas Wunden zu heilen vermochte – und an deren Ende er womöglich ins Gefängnis wandert.

Es war 2001, als Giuliani, dem kurz zuvor Prostatakrebs diagnostiziert worden war, im Zenit seiner Macht stand. Als New Yorker Bürgermeister hatte er erfolgreich – und mit dem Eisenbesen – die Kriminalität dezimiert; wenig später sollte er nach dem Anschlag auf das World Trade Center zu "America's Mayor" avancieren, dem berühmtesten Bürgermeister der USA. Dass seine teils liberale Weltanschauung so gar nicht ins typische Raster des Law-and-Order-Republikaners passen wollte, machte ihn über Parteigrenzen hinweg populär. Das Time-Magazin adelte ihn 2001 zur Person des Jahres, die Queen höchstpersönlich schlug ihn im Jahr darauf zum Ritter. Einige Hinterbliebene von 9/11 werfen ihm aber bis heute mangelhaftes Krisenmanagement vor.

Immer auf der Suche nach Öffentlichkeit

Still wurde es um Giuliani auch nicht, als er Ende 2001 nach zwei Amtszeiten das Rathaus räumen musste. 2008 galt er als Favorit für die Nachfolge George W. Bushs als US-Präsident, unterlag in den Vorwahlen aber früh John McCain. Obwohl er mit seinen Sicherheits- und Beratungsfirmen Millionen scheffelte, suchte er rasch wieder die Öffentlichkeit, gerne auch im Trash-TV.

2016 schließlich sprang er seinem Freund Trump im Wahlkampf bei und bediente sich dazu mitunter auch kruder Verschwörungstheorien. Im vergangenen Jahr wurde er im Zuge der Russland-Affäre schließlich der Privatanwalt seines ehemaligen Verehrers. Mit einer Ohrfeige wird er sich diesmal aber nicht aus der Affäre ziehen können. (Florian Niederndorfer, 14.10.2019)