Bildungsministerin Iris Rauskala pocht auf wissenschaftliche Qualifikation für die Leitung der Pädagogischen Hochschulen.

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Der Rektorenstuhl von Herbert Gimpl wackelt im Moment gewaltig.

Josef Philipp

Linz – Über zwölf Monate und zwei Bildungsminister lang dauert mittlerweile schon das Nachbesetzungsverfahren auf Rektorenebene an der Pädagogischen Hochschule (PH) Oberösterreich. Für massiven Ärger in der Linzer PH-Community sorgte zuletzt vor allem eine Umreihung der Kandidaten: Der Hochschulrat, oberstes Gremium der Hochschule, hatte den amtierenden Rektor Herbert Gimpl, der als SPÖ-nahe gilt, an die oberste Stelle gereiht. Vom Bildungsministerium wurde hingegen der zuvor Zweitplatzierte Walter Vogel, der der ÖVP zugerechnet wird, vorgereiht.

Eiliger Pressetermin

Das Bildungsministerium reagierte am Montagnachmittag mit einem eilig anberaumten Pressegespräch auf den anschwellenden Wirbel in Oberösterreich. Sie wolle die ganze Causa "auf den Boden der Sachlichkeit zurückholen", sagte Ministerin Iris Rauskala. Und betonte die nicht nur politisch, sondern auch gesetzlich verankerte Zielvision für die erst 2007 gegründeten Pädagogischen Hochschulen: "Wir brauchen international anschlussfähige Pädagogische Hochschulen, und dazu haben wir die bestqualifizierten Personen auszuwählen. Die PHs müssen ernstzunehmende Akteure im europäischen Hochschulraum werden und mit den universitären Akteuren in der Pädagogenbildung auf Augenhöhe agieren. Das geht nicht von heute auf morgen, und das geht nur, wenn sich die Leute aus ihrer Komfortzone herausbegeben." Vor allem aber gehöre dazu ein ganz klares wissenschaftliches Qualifikationsprofil potenzieller Rektorskandidaten und -kandidatinnen. Um dieses sicherzustellen, werde es in Zukunft bei Rektorenbestellungen an PHs "immer externe Gutachten geben".

Juristische Prüfung durch Finanzprokuratur

Im Linzer Fall ist eine "weitere externe juristische Prüfung" durch die Finanzprokuratur geplant, "um zu klären, wie es zu einer derartig unterschiedlichen Wahrnehmung der wissenschaftlichen Qualifikation der Bewerber kommen kann". Beide vom Ministerium eingeholten Gutachten kamen nämlich zu einer der Einschätzung des Hochschulrats an der lokalen PH gravierend widersprechenden Beurteilung der Wissenschaftlichkeit der Rektorskandidaten.

Die für PHs zuständige Sektionschefin Margareta Scheuringer verwies auf Paragraf 13 des Hochschulgesetzes, der neben einer entsprechenden wissenschaftlichen Qualifikation für das Rektorat auch "mehrjährige Erfahrung in Lehre und Forschung" vorschreibe.

Genau das ist der Streitpunkt, an dem sich die Querelen in Linz entzündet haben.

Gutachten und zwei Gegengutachten

Im Dezember 2018 gab es dort nämlich ein Hearing der Kandidaten, anschließend hatte der Hochschulrat als oberstes Gremium ein Gutachten mit einer klaren Empfehlung für Gimpl an das Ministerium geschickt. Alles deutete auf eine zweite Amtszeit hin. Zumindest aus Linzer oder PH-Sicht. Das Ministerium gab aber zwei weitere Gutachten in Auftrag, um die Reihung zu überprüfen. Zumal das Gutachten des Hochschulrats als "mangelhaft" empfunden wurde, sagte Rauskala am Montag. Beide externen Gutachter, die das Ministerium beauftragt hatte, kritisierten die mangelnde Forschungstätigkeit Gimpls – und sie haben Vogel an die Spitze gesetzt.

Management, nicht Wissenschaft

Einer der Gutachter, Wissenschaftsphilosoph Jürgen Mittelstrass, emeritierter Professor der Uni Konstanz und zehn Jahre Vorsitzender des österreichischen Wissenschaftsrates, sagte in den "Oberösterreichischen Nachrichten": "Herbert Gimpl ist ein Mann des Managements, nicht der Wissenschaft." Gimpl, der seit 2009 im Amt ist und 2014 wiederbestellt wurde, habe gewiss große Verdienste um die PH Oberösterreich, sagte Mittelstrass: "Aber es geht bei der Führung einer Hochschule nicht nur um das Management. Das wissenschaftliche Profil ist eine wesentliche Voraussetzung."

Auch Rauskala, die keinen der beteiligten Kandidaten persönlich kennt, sagte: "Gimpl scheint einiges ganz gut gemacht zu haben. Man wird mit ihm zufrieden gewesen sein."

Persönliche Verbindung ins Ministerium

Delikates Detail: Jene leitende Beamtin im Bildungsministerium, die für die Steuerung der Pädagogischen Hochschulen zuständig ist, ist Vogels Ehefrau. Das Ministerium betonte jedoch, dass "die besagte Beamtin nicht in das Verfahren involviert war" – und im Falle, dass Herr Vogel tatsächlich PH-Rektor in Linz werden sollte, auch nicht in ihrer Funktion bleiben werde: "Das ist nicht vereinbar", sagte Sektionschefin Scheuringer.

Eine Mail an Gimpl, die der Beamtin Vogel nun angelastet werde, habe nichts mit dem Rektorsverfahren zu tun gehabt, betonte man am Montag im Ministerium. Sie habe darin schlicht "Vorgaben an Gimpl kommuniziert. Das ist ihr Job", sagte Sektionschefin Scheuringer. Inhalt der Mail war übrigens eine Nachfrage, ob an der PH Oberösterreich tatsächlich ein Bachelorstudium für Feuerwehrleute geplant sei.

Hochschulkollegium schreibt an Van der Bellen

In einem Schreiben an Bundespräsident Alexander Van der Bellen stellt das Hochschulkollegium zudem Vogels Forschungstätigkeit infrage: Dessen wissenschaftliche Qualifikation würde "im Sinne eines Berufungsverfahrens bei genauer Prüfung nicht genügen". In der Publikationsliste des Bewerbers würde "keiner der gelisteten Zeitschriftenaufsätze den Ansprüchen eines wissenschaftlichen Fachartikels entsprechen".

Das Fazit von Fritz Bauer, Vorsitzender des Hochschulrats, fällt daher im STANDARD-Gespräch eindeutig aus: "Es ist absurd, man setzt sich einfach über die Meinung des Hochschulrats und des Kollegiums hinweg. Es ist reines Family-Business." (Markus Rohrhofer, Lisa Nimmervoll, 14.10.2019)