Es stimmt, Pamela Rendi-Wagner ist kein Profi, sie ist rhetorisch nicht sattelfest, sie kann Marx nicht zitieren, sie war nie bei den Jungsozen, sie hat die harte Ochsentour einer Funktionärslaufbahn nicht hinter sich gebracht. Das kann man auch als Riesenchance begreifen.

Die SPÖ tut das nicht. Sie mäkelt so lange an ihrer Vorsitzenden herum, bis diese wohl tatsächlich alles hinschmeißt, bevor sie endgültig abgesägt ist.

Rendi-Wagner ist nicht schuld am bemitleidenswerten Zustand der SPÖ. Im Gegenteil: Sie versucht etwas daraus zu machen, sie läuft und brennt, sie kämpft und redet – und dazwischen macht sie auch Fehler. Aber sie will etwas für die Partei. Stellt sich die Frage: Will die Partei?

SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

In der SPÖ hat nach wie vor ein Funktionärsklüngel das Sagen, dessen Leistung das Hochdienen und Aussitzen ist. Die Macht liegt in Händen derer, denen es immer nur um die Macht ging, die groß geworden sind in einem Apparat, der die Angepassten hinaufhievt und die Unangepassten aussortiert. Oder die Unangepassten angepasst macht.

Die viel beschworene Erzählung gibt es längst nicht mehr. Den Kontakt zu den Menschen haben ein paar Gewerkschafter, aber sonst dient alles dem Selbsterhalt. Die notwendige Öffnung der Sozialdemokratie wird sabotiert, weil das die Posten gefährden würde. Wofür die SPÖ noch da ist, das können die wenigsten Spitzenfunktionäre glaubwürdig beantworten. Da ist es ehrlicher, so zu antworten, wie Rendi-Wagner es getan hat: "Da arbeiten wir dran."

Die SPÖ behandelt ihre Wähler von oben herab. Und sie tut das auch mit ihrer Vorsitzenden, die sie spüren lässt, dass sie nicht eine von ihnen ist. Statt froh zu sein über eine Quereinsteigerin, die sich mit Herzblut und Überzeugung diesen Job antut, sie durchzutragen und aufzurichten, wird sie runtergemacht und geknickt. Da braucht es keinen politischen Gegner. Das erledigt schon die SPÖ. (Michael Völker, 14.10.2019)