Bei dem Kauf und der Zuwendung an die Gemeinde Lech durch René Benko kamen die Behörden zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Foto: Klaus Lorke, Lech-Zürs Tourismus

Wien – Peter Pilz kann die Tage, an denen er noch den Titel Abgeordneter trägt, an zwei Händen abzählen. Auch wenn der Politiker demnächst abtreten wird, bewirkt er noch so einiges. Gleich vier Anfragebeantwortungen von Justizminister Clemens Jabloner zu brisanten Causen sind dieser Tage veröffentlicht worden. Sie gehen auf Pilz-Anfragen zurück. Die Stellungnahmen vermitteln allesamt den Eindruck, dass die jeweiligen Verfahren recht lange dauern. Das wäre an sich alles andere als überraschend.

Was schwerer wiegt, ist der Umstand, dass der intensive Aktenverkehr zwischen den unterschiedlichen Justizbehörden, dem Ministerium und dem Weisungsrat viel Zeit in Anspruch nimmt. Und dass die Stellen recht viel Arbeit damit haben, die Entscheidungen anderer involvierter Einrichtungen zu hinterfragen oder sogar zu überstimmen.

Extrazahlung in Oberlech

Ein besonders heikler Fall wurde im August bekannt: Die Rechercheplattform Dossier hatte damals herausgefunden, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) einen umstrittenen Immobilienkauf von René Benko anklagen wollte. Die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) legte sich quer, die Ermittlungen wurden eingestellt. Anrüchig erschien der WKStA, dass Benko für den Kauf eines großen Chalets in Oberlech neben dem Kaufpreis 500.000 Euro für die Gemeinde Lech am Arlberg lockermachte. Die Gemeinde verzichtete im Gegenzug auf das Vorkaufsrecht auf die Immobilie, die auch als "Schlössle" bekannt ist.

Benko gilt als gut vernetzt mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz.
Foto: Klaus Lorke, Lech-Zürs Tourismus

Benko durfte somit groß umbauen und vermietet das Chalet N (N steht für seine Frau Nathalie) heute um 270.000 Euro – in der Woche. Die WKStA witterte nach Bekanntwerden der Extrazahlung an die Gemeinde 2015 Bestechung und leitete Ermittlungen ein, genauer gesagt für jene 250.000 von der halben Million, die für eine rasche Abwicklung des Verfahrens in Aussicht gestellt wurden. Bald darauf wurde Anklage beantragt.

Weisungsrat involviert

Die Oberstaatsanwaltschaft lehnte das Ansinnen ab, weil die Anklage keine Aussicht auf Erfolg habe. Jabloner gibt nun weitere Details dazu bekannt: Wegen des besonderen öffentlichen Interesses sei die Oberstaatsanwaltschaft mit der beabsichtigten Anklage zu befassen gewesen und auch das Justizministerium zu informieren. Und: Auch der Weisungsrat beschäftigte sich mit dem Akt. Entschieden wurde dann durch den damaligen Justizminister Wolfgang Brandstetter, der das Einstellungsvorhaben "mit Erlass zur Kenntnis genommen" habe, wie Jabloner schreibt.

Ex-Justizminister Brandstetter hat die Einstellung gegen Benko abgesegnet.
Foto: APA/Harald Schneider

Der Minister verwehrt sich in der Anfragebeantwortung energisch gegen die "Unterstellung" von Pilz, wonach Verfahren gegen Personen mit Nähe zu politischen Parteien "abgedreht" würden. Jabloner erklärt zudem, warum die Einstellungsbegründung erst nach drei Jahren öffentlich erfolgte. Während die Causa "Schlössle" von ausreichendem öffentlichem Interesse war, um sie als berichtspflichtigen Akt zu deklarieren, war die Einstellung nicht von ausreichendem öffentlichen Interesse, um sie zu veröffentlichen. Das änderte sich erst durch die Ibiza-Affäre, in der Heinz-Christian Strache u. a. Benko als Spender nannte. Der Immobilien-Tycoon dementierte energisch, auch Strache selbst zog die Behauptung zurück. Nach Ibiza-Gate wurde dann die Einstellung im Fall "Schlössle" veröffentlicht.

Viele Meinungen

Während die Causa zwar kontrovers, aber rasch erledigt wurde, dauert die justizinterne Abstimmung oft viel länger, wie weitere Anfragebeantwortungen zeigen. Im Teilkomplex Sachdividende im Fall Meinl wechselte der Akt von 2013 bis 2017 zwischen Staatsanwaltschaft, OStA, Ministerium und Weisungsrat hin und her, wobei auch eine Zurückweisung des Anklagevorhabens durch das Oberlandesgericht das Prozedere verzögerte.

Von 2015 bis 2019 dauerte die Entscheidungsfindung in der Causa Stadterweiterungsfonds, in der u. a. zwei Sektionschefs des Innenministeriums angeklagt werden sollen. Wieder befasste sich das ganze Spektrum an Behörden mit dem Fall – mit unterschiedlicher Stoßrichtung. O-Ton Jabloner: "Die Strafrechtssektion des Bundesministeriums für Justiz, die Oberstaatsanwaltschaft Wien und die Korruptionsstaatsanwaltschaft gingen ursprünglich jeweils von unterschiedlichen rechtlichen Prämissen" bezüglich des Ausmaßes der Befugnisse der Beschuldigten aus. Mit der auch von Jabloner beklagten Personalnot dürfte das nicht allzu viel zu tun haben. (Andreas Schnauder, 15.10.2019)