Die Finanzanalyse hat ergeben: Die Zeiten der Überschüsse sind schon bald wieder vorbei.

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Sie dauert recht kurz, die Phase der Budgetüberschüsse. 2018 und heuer – so der Plan – wird die Republik mehr einnehmen als ausgeben. Doch dann ist es erst einmal vorbei mit der schwarzen Null, die einen so hohen Stellenwert bei ÖVP und FPÖ hatte. Denn ab 2020 wirken die zusätzlichen Ausgaben, die noch knapp vor den Wahlen beschlossen wurden. Und die sorgen dafür, dass Österreich wieder ein Budgetminus einfahren wird. Die Eckdaten dazu hat Finanzminister Eduard Müller am Dienstag fristgerecht an die EU-Kommission übermittelt.

Die jüngsten Gesetze und anderen Maßnahmen bringen Österreich deutlich vom bisherigen Budgetpfad ab. Gut eine Milliarde Euro wiegen die Wahlzuckerln. Die Entlastung für Geringverdiener ist in dieser Berechnung des Finanzministeriums noch gar nicht enthalten, weil sie im Finanzrahmen bereits berücksichtigt war. Dazu kommt, dass die bis zuletzt sprudelnden Steuereinnahmen wegen der Konjunkturabschwächung an Dynamik verlieren. Hier wird ein Minus von 600 Millionen Euro gegenüber der bisherigen Planung budgetiert.

Finanzminister Eduard Müller kritisiert die Mehrausgaben.
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All das belastet den Staatshaushalt. Die Situation wäre noch ernster, würden nicht die anhaltenden Nullzinsen und die weiterhin prognostizierte gute Beschäftigungslage das Budget entlasten. So rechnet Müller erstmals mit einem negativen Zinssatz von 0,2 Prozent auch im langfristigen Bereich. Anders ausgedrückt: Die Republik verdient im kommenden Jahr mit jedem geborgten Euro gutes Geld.

1,2 Milliarden Minus

Unter dem Strich wird der Bund daher im kommenden Jahr ein Defizit von 1,2 Milliarden Euro oder 0,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts einfahren. Da Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger weiterhin positiv abschließen sollen, liegt das gesamtstaatliche Minus bei 0,1 Prozent des BIPs. Im Finanzrahmen der Regierung von April waren hingegen bis 2021 Überschüsse vorgesehen. Dabei zeigt sich, dass die mehrjährige Planung bis zuletzt realistisch war: Nach dem Plus im Vorjahr wird auch heuer ein positiver Wert erreicht, und zwar in Höhe von 0,3 Prozent des BIP.

Minister Müller sieht diese Entwicklung ziemlich kritisch. "Damit endet die Trendumkehr." 2018 und 2019 bleiben vorerst die einzigen Jahre mit einem gesamtstaatlichen Überschuss, meint der Ressortchef. Die Verschlechterung des Saldos erklärt Müller so: "Im Budgetplan 2020 sieht man zwei Effekte sehr deutlich: Zum einen den Konjunkturabschwung und zum anderen die teuren Parlamentsbeschlüsse von Juli und September." Es ist auch eine weitere Trendwende zu verfolgen: 2020 werden die Ausgaben wieder stärker steigen als die Einnahmen.

Pensionsmaßnahmen kosten viel

Für die jüngsten Maßnahmen im Volumen von gut einer Milliarde Euro allein im kommenden Jahr gibt es nun auch eine genauere Kostenschätzung. Die außerordentliche Pensionsanpassung mit 400 Millionen Euro fällt am stärksten ins Gewicht. Die abschlagsfreie Pension nach 45 Versicherungsjahren belastet das Budget zudem mit 70 Millionen. Die Zweckzuschüsse an die Länder wegen des Wegfalls des Pflegeregresses schlagen mit 200 Millionen Euro zu Buche. Eine Verbesserung bei der Anrechnung von Vordienstzeiten der Bundesbediensteten kostet weitere 150 Millionen. Die Valorisierung des Pflegegelds war den Gesetzgebern 55 Millionen Euro wert.

Zu den größeren Brocken kommen zahlreiche kleinere Mehrausgaben hinzu. Sie sind u. a. Folgen der NoVA-Rückerstattung an Behinderte, des Papa-Monats, der Anhebung der Arbeitsmarktförderung für Ältere oder der Entgeltfortzahlung in Katastrophenfällen. Die schlechtere Budgetentwicklung wirkt sich auch leicht auf den Rückgang der Schulden aus. Sie soll 2020 auf 67,5 anstatt wie bisher geplant auf 66,5 Prozent des BIPs zurückgehen.

Weniger Spielraum für Steuerreform

Die Budgetannahmen sind politisch nicht irrelevant. Die nächste Regierung wird nämlich in ihrem Handlungsspielraum mehr oder weniger eingeschränkt. Das gilt insbesondere für die umfangreiche Entlastung bei der Lohnsteuer, die von der ÖVP in Aussicht gestellt wurde. (Andreas Schnauder, 15.10.2019)