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Foto: AP/Owen Humphreys

Wien – Damit Wasserdampf in der Atmosphäre zu Tröpfchen kondensieren kann, aus denen sich dann in Summe Wolken bilden, sind Kondensationskeime erforderlich. Solche Keime können aus natürlichen Prozessen stammen, etwa winzige Sandkörner, oder von menschlichen Aktivitäten, etwa Rußpartikel. Sie können aber auch aus Gasmolekülen neu gebildet werden.

Ein internationales Forscherteam um Christina Williamson von der US-amerikanischen Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA hat nun im Rahmen des Projekts "Atmospheric Tomography Mission" (ATom) umfassende Messungen der Atmosphäre vorgenommen und dabei auch die Partikelneubildung in den Tropen untersucht. Mit einem Forschungsflugzeug der NASA wurden dazu drei Jahre lang über dem Pazifik und Atlantik von der Arktis bis zur Antarktis kontinuierlich zwischen einer Höhe von 0,2 bis zwölf Kilometern Daten über Partikel und Gase gesammelt. An ATom waren Wissenschafter mehrerer US-Universitäten und -Forschungseinrichtungen sowie der Universität Wien beteiligt.

Der Prozess

Die Auswertung der Daten zeigte, dass in den Tropen Gase aus Schichten nahe dem Ozean "durch die Konvektion sehr weit in der Atmosphäre aufsteigen", sagt Bernadett Weinzierl von der Forschungsgruppe Aerosolphysik und Umweltphysik an der Uni Wien. Dort entsteht durch einen "Gas-zu-Partikel-Konversion" genannten Prozess eine Vielzahl von sehr kleinen Aerosolpartikeln. Speziell in Regionen mit sauberer Luft, wo nur sehr wenige Partikel aus anderen Quellen existieren, spielt dieser Effekt der Partikelneubildung aus Gasen eine große Rolle.

Die neu gebildeten Partikel sinken in den Tropen sowohl über dem Pazifik als auch dem Atlantik langsam wieder ab. Beim Abstieg wachsen die Partikel weiter, indem Gase darauf kondensieren oder mehrere kleine Teilchen zu einem größeren zusammengebacken werden. Irgendwann sind sie dann groß genug, um als Wolkenkondensationskeime zu dienen.

Wie wichtig der Effekt ist, zeigten die Modellrechnungen der Wissenschafter: Demnach existiert ein globales Band an derartiger Partikelneubildung, das 40 Prozent der Erdoberfläche abdeckt.

Unterschiedliche Reflexionswerte

Neben der großen Ausdehnung ist aber auch eine weitere Folge dieses Prozesses von großer Relevanz: Die aus Gasen gebildeten Partikel hellen niedrige Wolken in den Tropen auf. Der Grund dafür: Wolken in Regionen mit nur wenigen Kondensationskeimen haben wenige, aber dafür große Tropfen. Auf solche Wolken fallendes Sonnenlicht wird daher nicht sehr stark reflektiert. "Sind dagegen viele Wolkenkondensationskeime z.B. aus Partikelneubildung vorhanden, gibt es mehr, aber dafür kleinere Tropfen, die mehr Sonnenlicht zurückstreuen", so Weinzierl.

Die stärkere Reflexion vergrößert den kühlenden Beitrag dieser Wolken auf das Klima. Die Forscher gehen davon aus, dass die Partikelneubildung global einen kühlenden Effekt von 0,1 Watt pro Quadratmeter in der oberen Atmosphäre hat.

Der Einfluss der Aerosole auf Wolken und die Strahlungsbilanz stellt den Forschern zufolge eine der größten Unsicherheiten in den Klimamodellen dar. Die neuen Erkenntnisse könnten daher einen Beitrag zur Verbesserung dieser Modelle leisten. (APA, red, 17. 10. 2019)