Bild nicht mehr verfügbar.

Ideal ist es, wenn Stromerzeuger und -verbraucher nahe beieinander liegen. Lokale Energiegemeinschaften erfüllen dieses Kriterium.

Foto: dpa

Wenn die Photovoltaikanlage auf dem Dach an einem Sonnentag Strom im Übermaß liefert, ist es gut, wenn man ein paar flexible Verbraucher hat. Es bietet sich an, genau dann die Waschmaschine einzuschalten oder das Elektroauto zu laden. Der verbleibende Strom geht zurück ins Netz. In Zukunft soll man aber nicht nur eigene Verbraucher mit dem selbstgenerierten Strom bedienen, sondern ihn auch der Nachbarschaft anbieten können. So entsteht ein Handel, der einen lokalen Abgleich zwischen Produzenten und Konsumenten schafft.

Wie eine derartige lokale Energiegemeinschaft im Detail aussehen kann, wird man schon bald im kleinen südsteirischen Ort Heimschuh erfahren können. Im Projekt Blockchain Grid wird dort ein System etabliert, das Kapazitäten und Lasten in einer Nachbarschaft flexibel zusammenbringen und abrechnen kann. Das Projekt ist Teil der Forschungsinitiative Green Energy Lab, die, gefördert vom Klima- und Energiefonds, in den Energiemärkten Ostösterreichs Innovationen voranbringen soll. Neben vielen Forschungs- und Wirtschaftspartnern sind die Landesenergieversorger Wien Energie, EVN, Energie Burgenland und Energie Steiermark mit an Bord.

Netzwerke mit 40 Kunden

Für ein ökologisch orientiertes Energienetz ist es nicht nur wichtig, dass Haushalte Strom selbst produzieren, sondern dass die Energie auch lokal verbraucht wird. "Lokal" bedeutet hier: im selben Niedrigspannungsnetz, also in jener Gruppe von Anschlüssen, die von ein und derselben Transformatorstation bedient werden. Bei den Energienetzen Steiermark, der Tochtergesellschaft der Energie Steiermark, bei der auch die Projektleitung von Blockchain Grid liegt, sind im Schnitt etwa 40 Kunden Teil eines dieser Teilnetze.

Kunden, die lokal Strom handeln wollen, bekommen zusätzliche Hardware zur Verfügung gestellt, die Messung und Abrechnung automatisch organisiert. In Heimschuh werden zumindest zehn Testkunden – Privathaushalte und Unternehmen – mit an Bord sein. In dem Ort wurde im früheren Projekt Leafs bereits ein zentraler Stromspeicher erprobt. Mit dem Blockchain Grid kann der Strom für den Verbraucher also künftig entweder aus dem Speicher oder über lokalen Handel oder aus dem allgemeinen Netz kommen. Die Nutzung des lokalen Angebots soll letztendlich natürlich auch monetäre Vorteile bieten.

Die Abrechnung wird via Blockchain organisiert, also jener Art von verteilten Datenbanken, die im Prinzip auch Kryptowährungen wie Bitcoin zugrunde liegen. In Blockchains können auf sehr sichere Weise Transaktionen zwischen verschiedenen Teilhabern und Organisationen protokolliert werden. Für die lokalen Energiemärkte werden Zugriffs- und Transaktionsdaten in der Blockchain verwaltet. Sogenannte Smart Contracts können innerhalb des Systems Verträge abbilden und helfen beim Matchmaking zwischen Angebot und Nachfrage. Der Ansatz nutzt eine private Blockchain. Anders als bei öffentlichen liegt dabei die Kontrolle – etwa zum Hinzufügen neuer Nutzer – bei zentralen Instanzen, zu denen neben dem Netzbetreiber auch eine Kundenvertretung gehören soll.

Netzstabilität sicherstellen

Bisher widmete man sich in dem Projekt der Entwicklung der notwendigen Hard- und Software. Im November soll es nun ins Feld gehen. In einem ersten Schritt werden Handel und gleichzeitige Speichernutzung in Heimschuh erprobt. Später soll noch ein wichtiges Element dazukommen: Es wird ein Regelsystem etabliert, das Transaktionen nur in dem Maß erlaubt, als die Netzstabilität sichergestellt ist.

Bleibt noch die Frage nach den rechtlichen Grundlagen: Die Etablierung der lokalen Energiegemeinschaften wird im kommenden "Clean Energy Package" der EU verankert sein. In Österreich kann die Technologie erst dann in eine breite Praxis übersetzt werden, wenn die Vorgaben in nationales Recht gegossen werden – voraussichtlich im Jahr 2021. (Alois Pumhösel, 19.10.2019)