Tischt ihrem Date eher unerwartete Neuigkeiten auf: Cristin Miloti in der ersten Folge der neuen Amazon-Serie "Modern Love".

Foto: Amazon.com

Was, wenn ein Date in einer ungewollten Schwangerschaft endet? Und der Vater doch nicht ganz der Richtige ist und die wichtigste männliche Bezugsperson ein gestrenger Portier? Was nach der klassischen Ausgangssituation einer Romantic Comedy klingt, ist es auch. In diesem Fall allerdings nicht ausgewalzt auf Spielfilmlänge, sondern als erste Folge der neuen Serie Modern Love, zu sehen ab Freitag auf Amazon Prime.

Raue Schale, weicher Kern

Cristin Miloti geht darin als junge Literaturkritikerin in einem schmucken New Yorker Apartmenthaus aus und ein. Laurentiu Possa als Türsteher mit grimmiger Fassade meint es natürlich gut mit ihr, auch wenn er die Beurteilungskriterien für schroff empfangene Begleiter seines Schützlings erst spät offenlegt.

Dass nicht allzu dick aufgetragen wird, hat nicht zuletzt mit dem Mann zu tun, der als Showrunner, Drehbuchautor und Hauptregisseur für die RomCom-Serie verantwortlich zeichnet: Der irische Ex-Musiker John Carney bewies bereits bei der erfolgreichen Musik-RomCom Once mit seinem einstigen Bandgefährten Glen Hansard oder dem Musikfilm Sing Street ein gutes Händchen für wohldosiertes Sentiment. Zusätzlich wurden noch weitere Regisseure wie die irische Schauspielerin und Autorin Sharon Horgan (Divorce), Tom Hall (Sensation) und Emmy Rossum (Shameless) an Bord geholt.

Trailer zu "Modern Love".
Amazon Prime Video

Ihren Namen und ihre Inspiration verdankt die Serie einer beliebten Kolumne der New York Times. Seit 15 Jahren bringt die Tageszeitung, die auch als Produzentin der Amazon-Serie fungiert, in der Rubrik Modern Love persönliche, auf wahren Begebenheiten basierende Geschichten. Ein erster Versuch, schon vor zehn Jahren die Kolumne für eine Serie zu adaptieren, wanderte vom US-Sender HBO zu Lifetime Television, brachte es bis zu einer Pilotfolge mit Eric Stoltz, um schließlich zu versanden. Mittlerweile wird Modern Love von der NYT erfolgreich als Podcast produziert.

Jung und alt

Für den neuen Anlauf als Serie setzt Amazon auf ein generationenüberspannendes Ensemble. Neben Anne Hathaway, Dev Patel, Olivia Cook und Sofia Boutella finden sich Comedian Tina Fey oder Andy Garcìa einmal mehr als verflossener Liebhaber in Geschichten, die Liebe in all ihren Formen, "sexuell, romantisch, familiär, platonisch und als Selbstliebe" erkunden wollen. Für Studiochefin Jennifer Salke passte das Projekt in die Strategie, Amazon mit Serien wie der mehrfach auszeichneten The Marvelous Mrs. Maisel weiter für ein erklärtermaßen vorrangig weibliches Publikum zu öffnen.

"Modern Love": John Slattery (li.) und Tina Fey nicht so ganz glücklich im Kino.
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Zwar verheißt der Vorspann von Modern Love mit einem bunten Bilderreigen ein weitgefächertes Liebesspektrum. Tatsächlich sind es aber vor allem bewährte RomCom-Versatzstücke, die in acht Folgen mit vielen Zwischentönen durchdekliniert werden: unwahrscheinliche Freundschaft, eine wiedergefundene Liebe, eine Ehe am Wendepunkt, ein Date, das vielleicht gar keines war. In der siebten Folge taucht dann ein schwules Pärchen auf, das ein Kind von ein einer Obdachlosen adoptieren möchte. Hier bleiben ebenso wie im Fall einer jungen Frau mit bipolarer Störung alle gefühlsmäßigen Irritationen immer innerhalb bestimmter Bahnen. Die (Selbst-)Reflexion kommt nie ganz abhanden. Modern Love meint dann doch eher "Classic Love".

Umso mehr als wir uns ausschließlich in den Grenzen eines wunderbar anzusehenden Bilderbuch-New-Yorks bewegen: durch schmucke Lokale und Wohnungen im West Village, der Upper Westside und den coolsten Ecken Brooklyns. Eingefärbt wird das von Nostalgie weckenden Jazz-Standards wie Autumn in New York. Dass selbst eine junge Literaturkritikerin in einem prächtigen Haus mit Doorman wohnt, wird etwas pflichtschuldig damit erklärt, dass die Wohnung seit Generationen in Familienbesitz ist. Das alles steigert den Wohfühlfaktor. Und es ändert nichts daran, dass ein in die Jahre gekommenes Genre im Serienhafen von Amazon ein wohltemperiertes Refugium gefunden hat. (Karl Gedlicka, 17.10.2019)