Konfrontation mit dem Trauma: Melvil Poupad (re.) in "Gelobt Sei Gott".

Das filmische Werk des Franzosen François Ozon kennt zwei Pole: melodramatisch überhöhte, oft auf verkorkste Innenwelten gerichtete Farcen auf der einen Seite, und getragenere, klassischer inszenierte Dramen auf der anderen. Gelobt sei Gott (Grâce à Dieu) gehört eindeutig in die zweite Kategorie, birgt dabei jedoch immer noch genügend Potenzial für Kontroversen.

Der Inhalt des Films musste beim Dreh streng geheim gehalten werden, befasst er sich doch mit sexuellen Übergriffen innerhalb der katholischen Kirche. Und zwar auf Grundlage eines realen Szenarios: Dem Beschuldigten Bernard Preynat wurde erst heuer – Monate nach der Premiere in Berlin – von einem Gericht die Priesterwürde aberkannt.

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Couragierte Opfer

Im Film geht es allerdings weniger um Preynat als um den couragierten Kampf der Missbrauchsopfer selbst. Ozon erwählt drei erwachsene Männern mit unterschiedlichem sozialem Hintergrund zu seinen Helden und erzählt davon, wie viel Überwindung es bedarf, sich seinen Traumata aus der Kindheit zu stellen. Die Opfer haben an mehreren Fronten zu kämpfen. Im Weg stehen ihnen die eigene Scham, eine skeptisch bis ablehnende Öffentlichkeit und nicht zuletzt die Kirche selbst, die die Aufarbeitung halbherzig unterstützt sowie radikale Aufklärung zu verhindern versucht.

Die chronikalische Form, mit der Gelobt sei Gott die Initiative der Männer thematisiert, ruft Erinnerungen an das Aids-Aktvistendrama 120 BPM wach. Auch Ozon zeigt, wie die Gruppe ihre Linie erst finden muss. Seine Überzeugungskraft generiert der Film vor allem durch sein brillantes Darstellerensemble, den aufbrausenden Denis Ménochet und Swann Arlaud, der die Folgen des Missbrauchs in seinem Habitus auszustrahlen scheint. (Dominik Kamalzadeh, 16.10.2019)