Vom ersten Tag seiner Amtszeit im Jänner 2017 an gab es zahlreiche Gründe, sich vor Donald Trumps Außenpolitik zu fürchten. Die Unerfahrenheit und Impulsivität des US-Präsidenten, seine Sympathie für Russlands Präsidenten Wladimir Putin und andere Autokraten, sein Isolationismus und die Verachtung für internationale Organisationen und Regeln: Bei einem Mann, der die stärkste Militärmacht der Welt regiert und ständig einen Atomkrieg auslösen könnte, ist das eine bedrohliche Mischung.

Zunächst erwies sich alles als halb so schlimm: Trump ernannte ein paar erfahrene Berater und agierte außenpolitisch mit einer gewissen Vorsicht. Doch je stärker er die Entscheidungen an sich zog, desto mehr häuften sich die Fehler.

US-Präsident Donald Trump ist täglich mehr von seiner "unvergleichbaren Weisheit" überzeugt.
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Die belasteten transatlantischen Beziehungen schwächten die Nato. Trump trat aus dem Atomabkommen mit dem Iran aus, entwickelte aber keine alternative Strategie, um Teherans Ambitionen einzudämmen. Im Nahost-Konflikt erwiesen sich die Ankündigungen eines großartigen Friedensplans als leeres Gerede. Die erfolglosen Treffen mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-un waren eine Farce, in der die Supermacht zum Papiertiger degradiert wurde. Die US-Unterstützung für Venezuelas Opposition gegen Präsident Nicolás Maduro war erfolglos. Und Putins Russland baute seinen globalen Einfluss immer weiter aus.

Verrat an den Kurden

Zu dieser Serie an Rückschlägen trug die Personalpolitik im Weißen Haus bei. Trump warf alle Berater und Minister hinaus, die ihn hätten einbremsen können, und umgab sich mit Jasagern. Seit etwa einem Jahr bestimmt allein sein Bauchgefühl die Weltpolitik der USA.

Aber immer noch war der Schaden, den dieser Dilettantismus anrichtete, begrenzt; ein zukünftiger US-Präsident könnte einiges wieder gutmachen. Zum großen Glück für alle gab es in der Trump-Ära bisher zwar viele kleine, aber keine großen Weltkrisen.

Die jüngste Eskalation in Nordsyrien ist anders. Ausgelöst durch Trumps Telefonat mit dem türkischen Präsidenten Tayyip Erdoğan, in das er typischerweise unvorbereitet hineinging, hat der Präsident innerhalb weniger Tage die fragile Balance in einer brandgefährlichen Region zerstört, Russland und den Iran gestärkt und durch den Verrat an den Kurden die Glaubwürdigkeit der USA nachhaltig beschädigt. Wenn eine Großmacht treue Verbündete so behandelt, werden sie sich nicht auf sie verlassen. Da sucht man eher Schutz bei Russland und China. Das wird an den USA hängenbleiben, auch wenn Trump längst Geschichte ist.

Die Syrien-Krise sorgt erstmals für offenen Unmut bei den Republikanern und könnte Trumps Chancen auf seine Wiederwahl sogar mehr schaden als die Ukraine-Affäre. Aber das hilft derzeit wenig. Der Präsident ist täglich mehr von seiner "unvergleichbaren Weisheit" überzeugt, eine Absetzung bleibt unwahrscheinlich, und bis zum Ende seiner ersten Amtszeit sind es noch 461 Tage. Da kann noch schrecklich viel passieren. (Eric Frey, 16.10.2019)