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Der damalige ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch (links) und Dimitri Firtasch (rechts) eröffnen 2012 eine Fabrik auf der Krim

Foto: Reuters/Stringer

Einst residierten hier die Habsburger in ihrer Sommerresidenz, nun sind hier Oligarchen zu finden: In Wien-Hietzing, unweit von Schloss Schönbrunn, besitzt beispielsweise der milliardenschwere Ukrainer Dmitri Firtasch ein Anwesen. Der 54-Jährige ist nach Jahren im Exil nun als Nebenfigur in der US-Innenpolitik aufgetaucht. Bis dahin war es ein langer Weg.

Bis 2004

Firtasch ist einer jener Männer, die in der wirren Zeit nach dem Ende der Sowjetunion unter unbekannten Umständen steinreich werden. Nach einer kurzen Tätigkeit als Feuerwehrmann gründet Firtasch in den frühen 1990er-Jahren seine erste Firma. Es zieht ihn rasch nach Moskau und in die Energiebranche. Dort wird er zu einem der wichtigsten Akteure. Die US-Behörden unterstellen ihm, sich auf windige Deals mit der russischen Mafia eingelassen zu haben, Firtasch hat das immer vehement bestritten.

2004-2009

Firtasch gründet mithilfe der Raiffeisen Invest (Riag) das Unternehmen RosUkrEnergo, ein Joint Venture mit dem russischen Energiegiganten Gazprom. Die RosUkrEnergo ist Zwischenhändler zwischen Russland und der Ukraine und spielt so eine Schlüsselrolle im Streit um Erdgaspreise. Firtasch baut seine Beziehungen zum prorussischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch aus. Als seine Erzfeindin gilt Julia Timoschenko, die in den 1990er-Jahren ebenfalls durch den Erdgashandel mit Gazprom reich wurde. Als sie 2009 erneut Ministerpräsidentin wird, sabotiert sie RosUkrEnergo.

Bis März 2014

Obwohl Timoschenko nicht mehr Ministerpräsidentin ist – ja sogar im Gefängnis sitzt -, zieht sich Firtasch aus der Ukraine zurück. Schon seit 2007 ist der Sitz seines multinationalen Firmenimperiums in Wien. Im Herbst 2013 beginnen die Maidan-Proteste, die schließlich zur Absetzung von Janukowitsch und einer Abkehr der ukrainischen Politik von Russland führen. Just zu diesem Zeitpunkt erheben US-Behörden Anklage gegen Firtasch, dem Bestechung in Indien vorgeworfen wird – es geht um ein Titanförderprojekt. Firtasch wird von österreichischen Polizisten verhaftet, verbringt eine Woche in der Justizanstalt Wien-Josefstadt und kommt dann gegen eine Kaution von 125 Millionen Euro wieder auf freien Fuß – es gilt die Unschuldsvermutung.

30. April 2015

Das Landesgericht für Strafsachen Wien entscheidet im Sinne Firtaschs gegen eine Auslieferung in die USA. Es sieht politische Motive für den Antrag der US-Behörden. Sie könnten Firtasch davon abhalten wollen, in der Ukraine weiterhin eine Rolle zu spielen. Der Oligarch hat inzwischen den einstigen Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) für seine Agentur für die Modernisierung der Ukraine rekrutiert, die in Wien ein Konzept für die Zukunft von Firtaschs Heimatland erarbeiten soll.

November 2015

Firtasch will die Reformen in der Ukraine vorstellen und dafür nach Kiew fliegen. Ihm wird mit einem Attentat gedroht, außerdem sperrt die Ukraine den Flugraum für Private. Firtasch bricht die Reise ab, er vermutet die US-Regierung hinter der Sabotage.

21. Februar 2017

Das Oberlandesgericht (OLG) Wien dreht die Entscheidung der ersten Instanz: Nun soll Firtasch doch ausgeliefert werden. Er wird sofort festgenommen, allerdings wegen eines Haftbefehls aus Spanien, wo ihm Geldwäsche vorgeworfen wird. Firtasch kommt wieder auf Kaution frei.

25. Juni 2019

Der Oberste Gerichtshof bestätigt die Entscheidung des OLG. Justizminister Clemens Jabloner stimmt der Auslieferung zu. Doch Firtaschs Anwälte wollen neues Material einbringen, wodurch ein Aufschub gewährt wird.

Oktober 2019

S-Medien berichten, dass Firtaschs Name rund um das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump auftaucht. Dessen Anwalt Rudy Giuliani tourt seit Monaten durch Osteuropa, um belastendes Material gegen politische Gegner von Trump zu sammeln. Dessen Team schießt sich auf den einstigen Vizepräsidenten Joe Biden ein, vermutlich Trumps Gegner bei der US-Wahl 2020. Bidens Sohn Hunter saß ab 2014 im Vorstand des ukrainischen Energiekonzerns Buresma; Biden senior wird Einflussnahme unterstellt. Firtaschs US-Anwälte sollen Giuliani mit Material füttern, etwa einer eidesstattlichen Erklärung des einstigen ukrainischen Generalstaatsanwalts. Außerdem wird bekannt, dass nun verhaftete Geschäftspartner von Giuliani einst für Firtasch gearbeitet haben – und alle drei vergangene Woche nach Wien fliegen wollten. (Fabian Schmid, 17.10.2019)