Die Maut hätte Geld bringen sollen, doch sie kostet bloß.

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Andreas Scheuer kann so schnell nichts aus der Ruhe bringen. Der deutsche Verkehrsminister, früher CSU-Generalsekretär, pariert Angriffe von politischen Gegnern gern mit demonstrativer Lockerheit.

Und so denkt er auch jetzt nicht daran, den Rücktrittsaufforderungen aus der Opposition nachzukommen: "Ich habe sehr viel Freude an dem Amt, weil ich viele Pläne für Deutschland habe."

Opposition prüft

Doch in den kommenden Monaten wird Scheuer noch mehr Zeit und Kraft für ein Thema verwenden müssen, das ihm wie ein Mühlstein um den Hals hängt: die gescheiterte Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland. Denn FDP, Linke und Grüne haben im Bundestag die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses durchgesetzt.

Minister Scheuer gerät zusehends unter Druck.
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"Wir sehen bei der Maut eine gewisse Zockermentalität des Ministers, außerdem liegt nach wie vor eine Intransparenz der Entscheidungswege vor", sagt FDP-Verkehrsexperte Christian Jung dem STANDARD.

Zwar hat die Opposition dem Verkehrsministerium immer wieder Fristen genannt und Unterlagen erbeten, aber letztendlich waren sich die drei Fraktionen einig: Das reicht nicht aus.

Zur Erinnerung: Eigentlich hätte die Pkw-Maut, deren Einführung sich zunächst verzögerte, Deutschland ab dem Herbst 2020 Einnahmen bringen sollen – und zwar nur von ausländischen Pkw-Haltern. Für die Deutschen sollten die Zahlungen durch eine gleichzeitige Senkung der Kfz-Steuer kompensiert werden.

EuGH stoppte Berlin

Doch nach einer Klage Österreichs beim EuGH wurde das Projekt im Juni 2018 gestoppt. Das Gericht stufte das Prestigeprojekt der CSU als mit EU-Recht unvereinbar ein, weil es ausländische Fahrer benachteiligt hätte. Seither sieht sich Scheuer mit vielen bohrenden Fragen konfrontiert, die ihm die Opposition nun im U-Ausschuss stellen will.

Sie ist der Ansicht, Scheuer hätte die Verträge mit den Mautbetreibern – Kapsch Trafficcom aus Österreich und CTS Eventim aus Deutschland – nicht noch kurz vor Silvester 2018 schließen dürfen, weil zu diesem Zeitpunkt das EuGH-Urteil noch ausstand. FDP, Linke und Grüne unterstellen dem Minister, er habe die Maut durchpeitschen wollen.

Im Haushalt fehlt Geld

Außerdem wird es um die drohenden Schadenersatzforderungen der beiden Firmen, die dann ja nicht zum Zug kommen, gehen. Offiziell liegen noch keine Zahlen auf dem Tisch, man rechnet aber mit Forderungen bis zu 500 Millionen Euro. Es fehlt auch Geld im Haushalt, Scheuer rechnete ja pro Jahr mit 500 Millionen Euro Einnahmen aus der Maut.

Ein dritter Kritikpunkt sind diverse Treffen Scheuers mit den Mautbetreibern. Diese wurden nicht protokolliert, worin die Opposition einen Verstoß gegen Transparenzregeln sieht. Laut Süddeutscher Zeitung haben die Betreiber Scheuer auch angeboten, die Unterzeichnung der Verträge bis zum EuGH-Urteil aufzuschieben, was Scheuer aber abgelehnt haben soll.

U-Ausschuss "aufgedrängt"

"Mit seinem Verhalten hat uns Scheuer die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses regelrecht aufgedrängt", sagt Grünen-Experte Stephan Kühn. Jörg Cezanne (Linke) betont: "Wenn ein Minister erheblichen finanziellen Schaden anrichtet und dann weder die politische Verantwortung übernimmt, noch für wirkliche Transparenz sorgt, ist ein Untersuchungsausschuss unumgänglich."

Der Ausschuss wird Scheuer vorladen, zudem Vertreter von Kapsch und CTS Eventim. Auch Ex-Verkehrsminister Alexander Dobrindt, der heute Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag ist, soll befragt werden. (Birgit Baumann aus Berlin, 16.10.2019)