"Hr. Grantl" ist ein Beamter mit Hundekopf von Deborah Sengl.

Foto: Bernd Preiml

Seltsames ist also die Kernmaterie von Deborah Sengl. Die Künstlerin stellt etwa mit ausgestopften Mäusen die Letzten Tage der Menschheit von Karl Kraus nach. Flucht vor dem Krieg mit dem Spielerlebnis von Escape-Räumen zu kombinieren, aus denen man nur entkommt, indem man knifflige Rätsel löst, mutet aber dennoch gewagt an.

Auslöser war die "Flüchtlingskrise" 2015, sagt Sengl. Die Helfer berührten sie, von Vorurteilen, bei den Ankommenden handle es sich um Kriminelle, war sie enttäuscht. Beim Versuch, sich in die Lage Geflüchteter zu versetzen, entwickelte Sengl ein Labyrinth.

Dunkel und eng

Im Dachboden des Wiener Museumsquartiers ist davon ein dunkler Gang übrig geblieben. Dass sie in Escape! keine Flucht nachstellt, betont Sengl: Das würde sie sich "nicht anmaßen". Was zwischen den Rätseln passieren sollte, wusste sie aber lange nicht. Klar waren aufgrund eigener Ängste nur Dunkelheit und Enge.

Kalligrafiestifte, ein Hemd, eine Halskette sind dort nun zu sehen. Sengl hat sie von Geflüchteten anvertraut bekommen, in Texten erklären diese, welche Bedeutung die Objekte für sie haben. Manche überraschen, um andere wie Smartphones haben sich in den letzten Jahren Verschwörungstheorien gesponnen, die man aufklärt. Das ist der pädagogische Mehrwert des "Spiels", das Sengl aber lieber nicht so genannt haben möchte. Die Herausforderung des Escape-Raums mache die Besucher auch für die Geschichten der Geflüchteten aufmerksamer, meint sie.

Unsicherheit fühlen

Klar war Sengl unter dem Eindruck der 2015 im Laderaum eines Lkws nahe Parndorf gefundenen 71 Toten auch, dass ein Container Teil des Parcours werden sollte – man bildet sich darin nach Minuten bei Motorenlärm sogar ein, er wackle. Sengl will Escape! aber nicht auf den Anlassfall 2015 verengen, Flucht werde es immer geben – und damit Gefühle wie Unsicherheit oder Ausgeliefertsein.

Weil Sengl einer Beamtenpuppe einen Hundekopf aufsetzte, fragten Geflüchtete, woher sie wisse, dass sie Polizisten wegen oft falscher Freundlichkeit "Hundemenschen" nennen – wusste sie nicht. Die Installation hinterlässt als Spiel trotzdem mehr Eindruck denn als Debattenbeitrag. (wurm, 17.10.2019)