Als schon niemand mehr damit rechnete, kehrte das Eis plötzlich zurück.
Foto: APA/AFP/PEW CHARITABLE TRUST / John B. WELLER

Vor 13.000 Jahren war das globale Klima so mild wie schon lange nicht mehr: Die Kaltzeit, die vor allem die Nordhalbkugel 100.000 Jahre lang in ihrem Würgegriff gehalten hatte, schien endlich vorbei – da wurde es schlagartig wieder eisig. Der plötzliche Kälteeinbruch vor rund 12.800 Jahren läutete eine Periode ein, die als Jüngere Dryas bezeichnet wird und die der Welt ein weiteres kaltes Jahrtausend bescherte.

Über die Ursachen für diesen plötzlichen Klimaumschwung ist viel spekuliert worden – im vergangenen Jahrzehnt sorgte vor allem die Hypothese für Aufsehen, dass der Einschlag eines großen Meteoriten der Auslöser gewesen sein könnte. Es wäre ein ähnlicher Effekt wie bei der globalen Katastrophe vor 66 Millionen Jahren gewesen, nur in deutlich kleinerem Ausmaß.

Platin-Fundstätten

Zu den Indizien, die diese Hypothese belegen könnten, gesellte sich zuletzt eine Entdeckung in Südafrika, von der Forscher der Witwatersrand-Universität im Fachmagazin "Palaeontologia Africana" berichteten. An einer Grabungsstelle mit dem schönen Namen Wonderkrater in der Provinz Limpopo führten sie eine Probebohrung im dortigen Torfboden durch. Und tatsächlich offenbarte der Bohrkern eine Besonderheit: In der Schicht, die einem Alter von 12.800 Jahren entspricht, fanden sie eine "Platinspitze" vor.

An all diesen Orten wurde vor über 12.000 Jahren ungewöhnlich viel Platin abgelagert.
Illustration: Francis Thackeray/Wits University

Platin ist auf der Erde sehr selten, in Meteoriten hingegen kommt es relativ häufig vor. Dass der Boden damals mit dem Edelmetall angereichert wurde, könnte also für eine außerirdische Quelle sprechen. Wonderkrater ist laut dem Team um Francis Thackeray bereits die 30. Fundstätte weltweit, wo man erhöhte Platin-Konzentrationen aus dem fraglichen Zeitraum feststellen konnte. Die meisten davon liegen auf der Nordhalbkugel – etwa in Grönland oder Mexiko. Vor kurzem erst hat man ähnliche Ablagerungen auch im chilenischen Pilauco entdeckt. Zusammen mit denen von Wonderkrater zeigen sie, dass auch die Südhalbkugel von dem betroffen war, was auch immer damals geschehen ist.

Die Folgen

Der ebenso plötzliche wie tiefgreifende Klimawandel blieb natürlich nicht ohne Folgen. Im Wonderkrater-Bohrkern enthaltene Pollen zeigen laut Thackeray, dass es damals nicht nur auf der Nordhalbkugel, sondern auch im südlichen Afrika zu einer Abkühlung gekommen sein muss, die sich auf die Vegetation auswirkte.

Und auch die Tierwelt kam nicht ungeschoren davon. Vor allem in Nordamerika starb ungefähr in diesem Zeitraum eine großgewachsene Spezies nach der anderen aus, von Mammuts bis zu Riesengürteltieren. Im südlichen Afrika gab es keinen so gewaltigen Einschnitt wie die prominente Aussterbewelle in Amerika. Thackeray verweist aber darauf, dass auch dort einige Vertreter der regionalen Megafauna verschwanden. Es waren nahe Verwandte heute noch in Afrika lebender Tiere wie Zebras, Gnus oder Büffel – nur eben, typisch für das Eiszeitalter, etwas größer als ihre heutigen Pendants.

Die Forscher der Witwatersrand-Universität bleiben aber vorsichtig und sprechen nur von einem "Beitrag", den der Klimawandel zum Aussterben so vieler großer Tierarten geleistet haben könnte. Die konkurrierende Hypothese, dass das Verschwinden der Megafauna auf die Bejagung durch Menschen zurückgehe, ist damit nicht außer Kraft gesetzt: Immerhin fanden vergleichbare Aussterbewellen in anderen Regionen zu ganz anderen Zeiten statt – so zum Beispiel in Australien einige zehntausend Jahre früher (als dort der Mensch einwanderte), in Neuseeland oder Madagaskar einige tausend Jahre später (wieder: als dort der Mensch ankam).

Die Suche nach dem "Täter"

Bleibt noch die Frage offen: Wenn es tatsächlich einen Asteroiden oder Meteoriten gab, wo ist der dann eingeschlagen? Im Wonderkrater war es nicht, aber es gibt einen anderen Verdächtigen: Vor einem Jahr berichteten Forscher der University of Kansas von der Entdeckung eines 31 Kilometer durchmessenden Kraters unter dem Eisschild von Grönland. Sie bezeichneten die von ihnen identifizierte Struktur unter dem Hiawatha-Gletscher als Spur eines "Meteoriteneinschlags, der die Nordhalbkugel erschütterte". Und der hätte, so glaubt Thackeray, auch der südlichen Hemisphäre bleibende Folgen beschert. (jdo, 20.10.2019)

Diese Formation unter dem grönländischen Eis könnte auf einen gewaltigen Meteoriteneinschlag zurückgehen. Ob der für die Jüngere Dryas verantwortlich war, lässt sich aber erst sagen, wenn die Entstehung des Kraters ausreichend sicher datiert wurde.
Illustration: University of Kansas