Transfer für Tauben: Sofia Dona erörtert Fragen der Vogelfreiheit im Innsbrucker Kunstpavillon.

Foto: Daniel Jarosch

"Racing Homer" heißt eine Sporttaubenzüchtung, die bekannt dafür ist, besonders verlässlich zurück in den heimatlichen Taubenschlag zu finden. Ob die über den Dichternamen transportierte Anspielung an die Odyssee eigenwilligem Taubenzüchter-Humor geschuldet ist? Taubenrennen gelten heutzutage ja eher als bierernste Altherren-Disziplin (und werden von Tierschutzorganisationen kritisiert). Bemerkenswert ist jedenfalls der Aufwand: In Spezial-Lkws werden tausende Vögel hunderte Kilometer weit zum Startpunkt der Rennen transportiert, um von dort aus den Heimflug anzutreten.

Sofia Dona zeigt einen Moment der Freilassung an der deutsch-polnischen Grenze. In Slow Motion und im abgedunkelten Ausstellungsraum erzielt das große Flattern noch größeren Effekt. Voyageurs titelt das zentrale Video in der gleichnamigen Schau im Kunstpavillon (Kuratorin: Ingeborg Erhart).

Reise, Migration, Vertreibung

Ebenso wie bei Racing Homers, einer Nahaufnahme desselben Ereignisses aus seitlicher Perspek tive, bezieht sich Dona im Titel auf eine Bezeichnung für Reisetauben. Nicht nur sprachlich tun sich da auch andere Assoziationsräume auf: Migrationsbewegungen, Abschied, Ankunft, Vertreibung sind Begriffskoordinaten, die die 1981 in Athen geborene Künstlerin über reale Landschaften und Orte legt. Im Sommer ließ sie am Münchener Hauptbahnhof Applaus aufbranden: Die gleichnamige Klanginstallation erinnerte an die Ankömmlinge nach dem Mauerfall 1989 und jene von 2015. Subtiler sind Untersuchungen von Landschaften und architektonischen Strukturen, aus denen sich Migrationsspuren und Kulturtransfers herausfiltern lassen.

Tauben-Rennstrecken führen im Übrigen niemals über Gebirgszüge oder das Meer: Weil die Kosten für die Vögel und die Startgebühren hoch sind, wäre das Risiko zu groß, zu viele Tiere und damit Geld zu verlieren. Derlei Informationen, mitgeliefert in der Ausstellungsbroschüre, füttern gezielt auch die eigens für Innsbruck entstandene Arbeit mit sozial kritischem Unterton: Wie man Staatsgrenzen auf alternativen Routen überquert, kann eine Frage des Überlebens sein, aber auch Freizeitvergnügen.

Unter dem aus einem Tourismusprospekt entliehenen Titel Alternative Brennero zeigt Dona im Stil eines Computerspiels arrangiertes Videomaterial aus dem Internet, auf dem Motorradfahrer ihre Ritte über Tiroler Passstraßen dokumentieren. (Ivona Jelčić, 17.10.2019)